„Vor allem in der Anfangsphase unseres Projektes haben wir 18-19 Stunden am Tag gearbeitet“

Seit Kurzem sind im WU Shop sowie online WU Mund-Nasen-Schutzmasken erhältlich. Der Reinerlös dieser Masken, die helfen können, die Ausbreitung des Covid-19-Virus einzudämmen, kommen dabei WU Studierenden in finanzieller Notlage zugute. Doch wer steht hinter diesem Projekt, und wo werden die Masken hergestellt? Wir haben die beiden Produzenten – den WU Studenten Ahmet Bozkurt und seinen Freund Onur Erkan – zum Interview gebeten.

WU Blog: Wie seid ihr auf die Idee bekommen, Mund-Nasen-Schutzmasken anzufertigen?

Ahmet & Onur: Angefangen hat alles damit, dass Ahmets Mutter ihren Arbeitsplatz erreichen musste – und das Familienauto nicht zur Verfügung stand. Um zu Ihrem Arbeitsplatz zu gelangen, war sie also auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Sie bat Ahmet, bei der Apotheke Masken für sie einzukaufen. Ahmet rief daraufhin die nächsten Apotheken im Umkreis an, um sich zu informieren ob Masken zur Verfügung stehen. Leider wurde in keiner Apotheke eine Maske angeboten und die Apotheker/innen drückten ihre Verzweiflung aus und beklagten sich, dass es einen Mangel an Mund-Nasen-Schutzmasken – vor allem für Privatpersonen – gab.

Daraufhin rief Ahmet Onur an und fragte, ob es nicht möglich wäre, eine Maske aus Baumwolle anzufertigen – die man auch waschen und wiederverwenden kann. Nachdem die erste Maske für Ahmets Mama angefertigt wurde, haben wir uns gemeinsam überlegt, wie wir unsere Fähigkeiten bündeln können, um auch der Gesellschaft Masken zur Verfügung zu stellen – und in dieser Situation der Knappheit unseren eigenen individuellen Beitrag zu leisten. So entstand „Die Maske Österreich“.

„Die Umstrukturierung des Unternehmens, mit Errichtung eines eigenen Onlineshops und vielen weiteren essentiellen Schritten hätte ohne das gute Zusammenspiel in unserer Freundschaft definitiv nicht funktioniert.“

WU Blog: Wie funktioniert bei euch die Arbeitsteilung im Unternehmen?

Ahmet Bozkurt: Onur und unsere Mitarbeiter/innen sind für das Handwerk zuständig, ich kümmere mich um das Marketing, das Wirtschaftliche und Rechtliche. Wir haben das bereits bestehende Unternehmen von Onur umstrukturiert und uns auf die Produktion von Mund-Nasen-Schutzmasken spezialisiert. Innerhalb kürzester Zeit konnten wir so über 3.000 Masken innerhalb Österreichs verkaufen und spenden (z.B. an die Kinderkrebshilfe), aber auch nach Deutschland exportieren.

Onur Erkan: Mein Vater war bereits Schneidermeister und ich leite seit fünf Jahren die Änderungsschneiderei „Nadel und Faden“ in Salzburg. Besonders jetzt während der Coronakrise zeigt sich, wie wichtig Handwerksberufe nach wie vor sind. Sei es für die Omi, die für Ihre Enkerl Zuhause an ihrer privaten Maschine zwei bis drei Masken näht, oder für Gewerbetreibende, wie wir es sind, die per Industrienähmaschine mehrere hundert Stück in der Woche produzieren.

WU Blog: Ahmet, du studierst aktuell an der WU – inwiefern hast du die Inhalte aus deinem Studium nutzen können?

Ahmet Bozkurt: Abgesehen vom breit gefächerten wirtschaftlichen und rechtlichen Stoff, den wir von Professor/inn/en in den Vorlesungen und PIs vermittelt bekommen, habe ich gelernt, über den Tellerrand zu blicken und auch aus einer schwierigen Situation das Bestmögliche rauszuholen. Von marketingtechnischen Maßnahmen über das Aufsetzen von Geschäftsverträgen, das Verhandeln mit Geschäftspartnern, die Anschaffung von unserem ersten Firmenauto oder des Arbeitsvertrages mit unserem ersten Mitarbeiter. Nicht selten habe ich relevante Universitätsliteratur oder Folien herangezogen, um hier die richtigen Schritte in die richtige Richtung zu setzen.

WU Blog: Welche Rolle spielt der Gedanke der Regionalität?

Ahmet & Onur: Wir hoffen sehr, dass der #TeamÖsterreich-Gedanke über die Grenzen der Pandemie hinausgeht und Menschen künftig regionaler, bewusster und gezielter einkaufen werden. Das unterstützt nicht nur unsere heimische Wirtschaft, sondern kommt auch der Umwelt zugute. Die Regionalität schlägt gleichzeitig eine Brücke zu hoher Qualität, denn wir in Österreich sind die Speerspitze, vor allem was die Qualität im Lebensmittelbereich und der Landwirtschaft betrifft. Abgesehen davon, ist die Wertschöpfung eine besonders große, denn an österreichischen Produkten hängen viele Tausende Arbeitsplätze. So unterstützt man mit dem Kauf regional prdouzierter Produkte vor allem familiengeführte, kleine und mittelständische Unternehmen in Österreich.

WU Blog: Ihr seid Schulfreunde und kennt euch seit Jahren – wie fühlt es sich an, gemeinsam ein Unternehmen zu leiten? 

Onur & Ahmet: Wenn uns jemand vor zehn Jahren gesagt hätte, dass wir mit 24 Jahren gemeinsam ein Unternehmen leiten, unsere Produkte innerhalb Österreichs, nach Deutschland und vereinzelt in andere EU-Länder verkaufen & spenden werden, dann hätten wir das niemals geglaubt. Die Umstrukturierung des Unternehmens, mit Errichtung eines eigenen Onlineshops und vielen weiteren essentiellen Schritten hätte ohne das gute Zusammenspiel in unserer Freundschaft definitiv nicht funktioniert.

WU Blog: Was schätzt ihr besonders an der Zusammenarbeit mit dem jeweils anderen?

Ahmet Bozkurt: Ich habe Onur mit 14 Jahren am ersten Schultag in der Handelsakademie 2 in Salzburg kennengelernt. Auch über die Grenzen meines Umzugs in die Hauptstadt – wegen des Studiums an der WU – blieben wir sehr enge Freunde. Zehn Jahre später blicke ich auf eine intensive Freundschaft zurück, die ich sehr zu schätzen weiß. Vor allem in der Anfangsphase unseres Projektes haben wir 18 bis 19 Stunden am Tag gearbeitet – hier schätze ich besonders die Geduld von Onur, da er oft meine Anrufe um 3 oder 4 Uhr in der Früh entgegennehmen musste, um sich neue Ideen und Konzepte von mir anzuhören. „Die Maske Österreich“ fühlt sich nicht wie Arbeit an, denn mit einem Kindheitsfreund etwas auf die Beine zu stellen und gleichzeitig Gutes für unsere Gesellschaft zu leisten, macht extrem viel Spaß und hebt unsere Freundschaft nochmal auf eine andere Ebene.

„Wenn uns jemand vor zehn Jahren gesagt hätte, dass wir mit 24 Jahren ein Unternehmen leiten, unsere Produkte innerhalb Österreichs, nach Deutschland und vereinzelt in andere EU-Länder verkaufen & spenden werden, dann hätten wir das niemals geglaubt“

Onur Erkan: Besonders schätze ich die Ordnung, den Fleiß und die Disziplin von Ahmet. Oft hat er bis 4 Uhr morgens gearbeitet und stand um 7 Uhr in der Früh wieder top motiviert in unserem Büro. Ebenfalls bin ich von seinen Ideen und seinem akribischen Zugang begeistert. Er erzählte mir zum Beispiel, dass er auch die ältere Generation – am besten über den Weg der Zeitung – erreichen möchte. Eine Woche später war ein ganzseitiger Artikel in den Salzburger Nachrichten zu lesen. Eine Woche darauf folgte ein weiterer Artikel in der Bezirkszeitung Wien – dieses Mal sogar mit Verweis auf dem Titelblatt. Wenn Ahmet ein Ziel vor Augen hat, setzt er alles daran dieses auch zu erreichen.

WU Blog: Was wird aus dem Projekt nach dem Ende der Coronakrise?

Ahmet Bozkurt: So lange die Nachfrage nach Mund-Nasen-Schutzmasken besteht, arbeiten wir weiterhin mit Hochdruck an unserem Projekt. Wir freuen uns auch, weiterhin Masken – für alle die sie auch brauchen – zur Verfügung stellen zu können. Onur vergrößert seine Schneiderei in einem Einkaufszentrum in Salzburg, Ahmet wird sich nach Abflachen des Projektes wieder der Universität widmen.