Bleibt Bargeld unersetzbar?

Zum Themenschwerpunkt „Die Zukunft des Geldes“ diskutieren Wirtschaftspädagogin Bettina Fuhrmann und Volkswirt Guido Schäfer über Vor- und Nachteile einer bargeldlosen Zukunft. Interessant: Menschen haben nochmehr Vertrauen inBargeld. Bargeldloses Zahlen wird immer beliebter. Dieser Artikel erschien zuerst im WU Magazin.
Wo stehen wir in dieser Entwicklung?

BETTINA FUHRMANN (BF): Bargeldlos zu zahlen ist schon in vielen Formen möglich, trotzdem hat Bargeld in Österreich noch eine große Bedeutung, so stehen wir im Hinblick auf die Möglichkeiten noch relativ am Anfang. Natürlich zeigen sich Tendenzen, dass immer mehr Menschen online überweisen, statt auf die Bank zu gehen und vermehrt auf bargeldlose Zahlsysteme umsteigen, aber das Herz hängt noch stark am Bargeld.

GUIDO SCHÄFER (GS): Ich finde, dass die Entwicklung zum bargeldlosen Zahlenschon lange vor sich geht und sehr weit fortgeschritten ist. Als ich Kind war, kam noch regelmäßig der Gaskassier zu meiner Oma, um die Quartalszahlungen Cash einzukassieren und der Postbote brachte die Rente in bar. Heute geschieht das alles online. Skandinavische Länder sind bei digitalen Bezahlformen schon weiter.

Wäre es nicht klug, wenn alle Länder an einem Strang ziehen?

GS: Das funktioniert nicht, weil jedes Land andere Voraussetzungen hat. Es hat einen Grund, warum Schweden eher eine bargeldlose Gesellschaft verwirklicht als Österreich, weil das Land bei geringer Bevölkerungsdichte sehr groß ist und die Überwindung der Distanzen mit Bargeld viel teurer ist. Höhere Transportkosten, größere Überfallgefahr, usw. Da stellt sich die Verfügbarkeit eines leistungsfähigen elektronischen Bezahlnetzwerks anders dar, als wenn ich in Österreich auf meinen Weg zur Arbeit an unzähligen Bankomaten vorbeikomme.

BF: Außerdem gibt es Länder, in denen bei weitem nicht alle Menschen ein Konto besitzen und gar keinen Zugang zu digitalen Bankprodukten haben. Daher sind wir vom Schritt, Bargeldlosigkeit weltweit durchzuziehen, weit entfernt.

„Es gibt Länder, in denen bei weitem nicht alle Menschen ein Konto besitzen und gar keinen Zugang zu digitalen Bankprodukten haben.“

Macht aus wirtschaftlicher Sicht ein bargeldloser Zahlungsverkehr mehr Sinn?

GS: Stellt man die Kosten von Bargeld den Kosten der elektronischen Zahlungsform gegenüber, kommt physisches Geld bei mittleren und höheren Beträgen, zunehmend aber auch bei kleineren Beträgen teurer. Der logistische Aufwand ist groß und nimmt mit der Höhe der Zahlung zu. Bei einer digitalen Zahlung ist es egal, ob Sie einen Euro oder eine Million Euro bezahlen, denn es ist nur ein Impuls, der über die Netze geht. Beim Bargeld läuft die Kostenschere mit Zunahme der Summe immer weiter auseinander, begonnen von den Energie-, Personal- und Transportkosten bis hin zum Sicherheitsaufwand. Aber man darf die Frage, ob die Zukunft besser bargeldlos sein sollte, nicht auf die Kostenseite beschränken.

Was spricht am stärksten gegen die Abschaffung von Bargeld?

BF: Gäbe es nur noch digitales Geld, wäre der Mensch noch gläserner. Jede elektronische Zahlung wird registriert, während nicht gespeichert werden kann, was ich mit dem Geld mache, wenn ich es vom Bankomat abhebe. Es gibt ein legitimes Bedürfnis nach Anonymität.

Würde eine bargeldlose Gesellschaft hingegen nicht Schwarzarbeit, Geldwäsche und Falschgeld eindämmen?

BF: Die Moral einer Gesellschaft hängt nicht von der Art der Zahlungsmittel ab. Wenn jemand illegale Zwecke verfolgt, wird er auch ohne Bargeld Wege dafür finden. Bargeld ist für Menschen wichtig, um überhaupt ein Gefühl für Geld, für die damit verbundenen Tauschgeschäfte zu bekommen. Bargeld ist daher ein wichtiger Hebel für Finanzbildung.

„Bei einer digitalen Zahlung ist es egal, ob Sie einen oder eine Million Euro bezahlen, denn es istnur ein Impuls, der über die Netze geht.“

Worin sehen Sie Bargeld derzeit unersetzbar?

GS: Es ist ein Zahlungsinstrument, das ohne elektronische Systeme und unabhängig von Bankensystemen funktioniert. Auch besteht die Möglichkeit, in Echtzeit finanzielle Mittel von einer Person zur anderen spesenfrei zu übertragen. Und im Umfeld weniger Zinsen haben viele Menschen mehr Vertrauen in Bargeld, als es anzulegen.

Wäre die Geldpolitik in einer bargeldlosen Gesellschaft effizienter?

GS: Aus dieser geldpolitischen Frage stammt die derzeitige Diskussion über die Abschaffung des Bargeldes. Bei diesen Überlegungen hat der Zinssatz die zentrale Funktion, den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage in der Wirtschaft herbeizuführen. In einer bargeldlosen Gesellschaft könnte man in Krisenzeiten negative Zinssätze erzwingen. Heute würden Menschen in solchen Fällen auf Bargeld ausweichen und das Geld zuhause horten, ohne Wert zu verlieren.

Wird Bargeld irgendwann überflüssig sein?

BF: Man sieht, dass die Digitalisierung voran schreitet. In den nächsten Jahren wird die eine oder andere neue digitale Zahlungsform dazukommen, aber in absehbarer Zeit geht uns das Bargeld nicht verloren.

GS: Am Point of Sale spielt Bargeld noch eine große Rolle. Bei Beträgen bis 50 Euro dominiert in Österreich das Bargeld, Beträge darüber werden lieber bargeldlos bezahlt. Es ist eine Akzeptanzfrage, die mit Fortschreiten der technologischen Entwicklungen in Richtung bargeldloses Bezahlen geht. Mit der kontaktlosen Bezahlmöglichkeiten NFC steht mittlerweile eine Technologie zur Verfügung, mit der man an der Kassa wesentlich schneller bezahlt als mit Bargeld und es für den Kunden zum Komfort wird.

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