„Im Arbeitsmarkt nach der Pandemie werden Kreativität und neue Ideen wichtiger sein denn je.“

Wie wird sich der Arbeitsmarkt nach der Coronakrise verändern? Welche Jobs werden besonders stark nachgefragt werden? Und welche Fachrichtungen sollten WU Studierende einschlagen, um langfristig auf dem Jobmarkt der Zukunft Fuß zu fassen? Wir haben WU Forscherin Andrea Weber, Professorin für Arbeitsmarkttheorie und -politik, zum Interview gebeten.

WU Blog: Die Covid19-Pandemie verändert den globalen Arbeitsmarkt nachhaltig. Können Sie uns einen Überblick darüber geben, welche langfristig die gravierendsten Veränderungen sein werden (sowohl in Bezug auf die Jobsuche als auch in den Anforderungen, die die Post-Pandemiezeit an die Arbeitnehmer/innen stellen wird)?

Andrea Weber: Während der Coronakrise hat die Digitalisierung in vielen Bereichen einen starken Aufschwung erfahren – von Arbeit im Homeoffice, Unterricht online, Bestellungen und Einkäufen über das Internet, bis zur Einrichtung virtueller Plattformen für Informationsübermittlung und die Verwaltung öffentlicher Dienstleistungen. Die Umstellungen waren in vielen Fällen unkomplizierter und erfolgreicher als erwartet und werden damit sicher auch das Leben nach der Krise bestimmen. Für den Arbeitsmarkt sind diese Veränderungen extrem relevant. Die Jobsuche wird sich immer mehr auf online Plattformen verlagern, die eine effizientere Vermittlung erlauben. Der Arbeitsalltag wird vielfältigere Herausforderungen an die Arbeitnehmer/innen stellen, mit flexiblen Arbeitszeitregelungen und Arbeitsorten und größeren Weiterbildungschancen.

Die Umstellungen waren in vielen Fällen unkomplizierter und erfolgreicher als erwartet und werden damit sicher auch das Leben nach der Krise bestimmen.

WU Blog: Durch die Krise sind sehr viele Jobs betroffen, die früher als krisensicher galten. Für wen lohnt es sich jetzt besonders, sich beruflich neu zu orientieren?

Andrea Weber: Umdenken sollten vor allem jene, die schon vor der Krise nicht vollständig mit ihren Jobs zufrieden waren und die sich berufliche Veränderungen vorstellen können. Mit dem Aufbruch nach der Krise, werden sich etliche neue Berufschancen anbieten begleitet von einem vielfältigen Weiterbildungsangebot. Diese Gelegenheit könnte für viele eine neue Chance bedeuten. Gleichzeitig werden in Bereichen, die relativ zu der Zeit vor Covid19 an Bedeutung verlieren, ältere und erfahrene Arbeitskräfte nach wie vor gebraucht werden. Auf alle Fälle wird es weiterhin eine Nachfrage nach Pilot/inn/en, Flugbegleiter/inne/n oder Eventmanager/inne/n geben.

Traditionelle Berufe und Arbeitsgebiete werden sich stark verändern und brauchen Aufgeschlossenheit, Flexibilität und Selbständigkeit.

WU Blog: Denken Sie, dass man mit (politischen) Entscheidungen bzw. Maßnahmen die negativen Auswirkungen der Coronakrise auf den Arbeitsmarkt eingrenzen könnte? Welche Maßnahmen könnten das sein?

Andrea Weber: In der derzeitigen Situation sind politische Maßnahmen besonders wichtig um die Umstellungen am Arbeitsmarkt zu beschleunigen und effizienter zu gestalten. Mit dem Auslaufen der Covid19-Pandemie wird es einen starken Anstieg in der Nachfrage nach Arbeitskräften geben, der einer großen Anzahl von Arbeitssuchenden gegenübersteht. Das bedeutet eine riesige Herausforderung für die Arbeitsplatzvermittlung, die den Prozess durch Bereitstellung von Online-Diensten, Verhandlungen mit Arbeitgeber/inne/n, und Beratung von Arbeitssuchenden, verbessern kann. Zusätzlich wird es eines breiten Angebotes an Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen bedürfen, das teilweise bereits in die Wege geleitet wird. Weitere gezielte Maßnahmen sind nötig für benachteiligte Gruppen am Arbeitsmarkt, wie Langzeitarbeitslose, Neueinsteiger/innen und Schulabgänger/innen, und besonders auch Schulabbrecher/innen.

WU Blog: Welche Fachrichtungen werden Ihrer Meinung nach in Zukunft stärker als früher gefragt sein?

Andrea Weber: Fachrichtungen mit starkem Schwerpunkt auf den Sozial- und Gesundheitsbereich.

WU Blog: Was würden Sie WU Studierenden raten, die angesichts der Pandemie vor Jobunsicherheit stehen?

Andrea Weber: Im Arbeitsmarkt nach der Pandemie werden Kreativität und neue Ideen wichtiger sein denn je. Traditionelle Berufe und Arbeitsgebiete werden sich stark verändern und brauchen Aufgeschlossenheit, Flexibilität und Selbständigkeit.