Seamless learning – mit der Feynman Methode

Die Covid-Pandemie stellt Lehrende und Studierende gleichermaßen vor mannigfaltige Herausforderungen. Die beiden WU Forscher Michael König und Matthias Hrinkow vom WU Department Strategy and Innovation möchten eine Methode mit Euch teilen, die den beiden sehr geholfen hat, das Lehr- und Lernerlebnis auch in online- und hybrid Situationen kreativ und unvergesslich zu machen: Die Feynman Methode.

Richard Feynman ist eine Legende. Der Nobelpreisträger für Physik 1965 verstand es wie kein zweiter, seine Studierenden in den Bann zu ziehen. Bei seinen Vorlesungen blieb den Teilnehmer*innen sprichwörtlich die Spucke weg, denn der berühmte Caltech Professor brachte das Kunststück zustande, schwierige Sachverhalte auf einfache und verständliche Weise zu vermitteln und sein Publikum 100%ig zu involvieren. Obwohl er schon 1988 verstorben ist, sind seine Videos auf YouTube noch heute weltweite Inspiration für Studierende und Lehrende.

„If you can’t explain something to a child, there’s a chance you don’t understand it well and by coming to be able to explain it briefly and accurately, you’ll be learning”

Aus der Schatztruhe seiner Lehrtechniken haben wir diese Methode ausgewählt und heuer im SIMC (Strategy, Innovation and Management Control) Master Programm in der Vorlesung Entrepreneurial Finance erfolgreich eingesetzt. Finance liebt man oder hasst man (wir lieben Finance), aber es führt kein Weg daran vorbei. Erfolgreiche Unternehmer/innen wissen über die Finanzierung ihres Unternehmens Bescheid. Sie können in Szenarien denken und jedes Szenario mit Zahlen plausibel machen. Sie verstehen wichtige neue Phänomene wie Climate Transition Risk und Sustainable Finance. Ohne Finance gibt es keine Strategieimplementierung. Dazu sollte man die aber die Grundlagen so gut verstehen, dass ihre Anwendung in der Praxis einfach Spaß macht.

Wie funktioniert die Feynman Methode? Gehe in vier Schritten vor:

  1. Such Dir ein spannendes Problem oder ein komplexes Thema und versuche es zu lösen.
  2. Erkläre das Problem und Deinen Lösungsansatz so einfach, dass es ein Kind versteht.
  3. Nutze das Feedback, identifiziere und fülle Deine (Wissens-) Lücken.
  4. Geh Deine Erkenntnisse durch und merke sie Dir für den Rest Deines Lebens

Dazu kann man ein Blatt Papier verwenden, oder noch besser ein Cheatbook (wie Richard Feynman selbst), wo man recherchiert, seine Gedanken verschriftlicht, schaut was man schon weiß, Notizen macht, sie dann jemand Dritten präsentiert, das Feedback einarbeitet und die Notizen perfektioniert. Unsere Studierenden haben sich ihre Erkenntnisse in der Vorlesung gegenseitig erklärt, diskutiert, Feedback bekommen, vereinfacht und so dazugelernt.

Richard Feynman hat es so formuliert: „If you can’t explain something to a child, there’s a chance you don’t understand it well and by coming to be able to explain it briefly and accurately, you’ll be learning”.

Auch online umsetzbar

Das geht natürlich auch online und verbindet beide Welten. Diese Technik können sowohl Studierende einsetzen, um den Lehrstoff besser und strukturierter durchzuarbeiten, als auch Lehrende, die ihren Studierenden ein forderndes Lernumfeld bieten möchten. Einfach ist es nicht, denn man muss sich gründlich für jeden Task bzw. jede Vorlesung intensiv vorbereiten, aber der Lernerfolg übersteigt den Aufwand bei weitem. Vor allem für neue Themen eignet sich diese Methode besonders, und natürlich auch für alle BWL Fächer, nicht nur Finance.

Im Bild oben seht Ihr ein ganz einfaches Aufwärm-Beispiel für einen Feynman task zum Thema „The time value of Money“. Man kann das aber auch für sehr komplexe Themen verwenden.

Die Feynman Methode funktioniert analog, digital und hybrid. Sie kann auf Papier oder auch mithilfe von deep learning software durchgeführt werden. Sie ermöglicht es Studierenden, in jedem Umfeld ihre Lern- und Erfahrungswelten seamless zu gestalten, zu erweitern und damit komplexe Probleme tief durchzudenken, zu begreifen und nutzenstiftend einzusetzen. Es hat großen Spaß gemacht, mit den Studierenden bei Markowitz, Modigliani Miller bis hin zu Behavioral Economics einmal den „Vorhang wegzureißen“ und statt nur an der Oberfläche zu kratzen und auswendig zu lernen, die Mathematik dahinter wirklich zu verstehen und profund miteinander darüber zu reden. Die Cheatbooks, die daraus entstanden, sind Begleiter für das ganze Leben! Probiert es mal aus!