Praktikum: wieviel ist normal?

Ich habe in den letzten Jahren unter tausenden Stellenanzeigen für WU-Absolvent/innen kaum eine gesehen, in der nicht erste Berufserfahrung vorausgesetzt war. Und wenn nicht vorausgesetzt, dann zumindest dringend erwünscht. Arbeitgeber erwarten von Absolvent/innen eines WU-Studiums, dass sie ein Unternehmen bereits „von innen“ erlebt haben.

Die WU hat eine hervorragende Reputation. Aber die Konkurrenz am Arbeitsmarkt schläft nicht: Firmen betonen uns gegenüber regelmäßig, dass sie Absolvent/innen anderer Ausbildungsstätten, die häufig bereits erste Praxiserfahrung mitbringen, gerne einstellen. Also: Ohren anlegen.

In den dichten Studienplänen der WU sind Praktikumsphasen nicht vorgesehen, aber von Arbeitgebern ausdrücklich erwartet – wie soll das funktionieren? Wer sich für die WU entscheidet, soll freilich das Studium in den Mittelpunkt stellen. Ganz ohne Berufserfahrung geht es aber nicht.

Aus der WU-Absolvent/innenbefragung wissen wird, dass studienbegleitende Jobs das Studium dann nicht verzögern, solange die Wochenarbeitszeit unter 10 Stunden bleibt. Fachlich qualifizierte Jobs sind in diesem Stundenumfang allerdings rar.
In unserer Arbeit im WU ZBP Career Center spüren wir großen Druck, den sich Studierende deshalb machen: Wieviel Arbeitserfahrung wird erwartet? Praktikum oder Teilzeit? Im In- oder Ausland? Schätzen Firmen nur Facheinschlägiges und soll ich andere Jobs im Lebenslauf überhaupt anführen?

Natürlich sind einschlägige Praktika oder Teilzeittätigkeiten aus Arbeitgebersicht begrüßenswert. Aus individueller Perspektive machen sie Sinn, um die Vorstellungen vom angestrebten Berufsbild zu kalibrieren. Ich erinnere mich noch sehr konkret an meine eigenen Praktika. Dort hatte ich die Chance zu erkennen, welche Unternehmenskultur mich irritiert und welche mich anspricht. Fachlich nutzte ich die Chance zu erleben, wie etwa Produktmanagement für eine Dienstleistung in der Praxis funktioniert oder worauf man sich im täglichen Umgang mit Kunden gefasst machen soll. Diese Erfahrungen waren enorm wertvoll für die Planung meines späteren beruflichen Weges.

Kürzlich bin ich auf die Forderung nach T-förmige Uni-Absolvent/innen gestoßen: Einerseits ist ein hoher Spezialisierungsgrad in der fachlichen Tiefe gefragt, zugleich ein möglichst breites Profil bestehend unter anderem aus umfassender Praxiserfahrung. Wo liegt nun das Maß der Dinge? Wieviel ist normal?

Mit internationalen Praktika sammelt man freilich gleich ein Doppelplus für die Vertiefung des Praxiswissens und internationale Erfahrung gleichermaßen. Ein oder zwei qualifizierte Praktika im Lauf des Studiums reichen allemal. Mit der Dauer des Praktikums steigen in der Regel freilich der Aufgabenumfang und der Verantwortungsbereich. Von zentraler Bedeutung ist jedenfalls ein allgemeiner Einblick in die Arbeitswelt.

Ein Trend, den wir in den letzten beiden Jahren am Arbeitsmarkt beobachten ist, dass Praktika oft DER Türöffner für eine spätere Einstiegsposition als Absolvent/in sind. Praktika sind mitunter sogar die einzige Chance, bei einem Unternehmen anzuheuern. So ist die Anzahl der fachlich qualifizierten Praktika, die im ZBP täglich aktuell ausgeschrieben sind, seit 2013 um satte 58 Prozent auf 711 Angebote gestiegen.

Warum arbeiten Studierende während des Studiums eigentlich? Zählen nur Karriereargumente? Nein. Gelderwerb steht an erster Stelle, erst an der zweiten die Erhöhung der Jobchancen, gefolgt vom Erwerb außerfachlicher Fähigkeiten, kennenlernen von Arbeitgeber/innen, der Vorstellung über Berufsbilder und schlichtweg Abwechslung.

Aber Achtung: Firmen stellen oft keine Bachelor als Praktikant/innen ein, da diese bereits ein Studium abgeschlossen haben und als Absolvent/innen eingestuft werden: Ehrensache. Also jedenfalls rechtzeitig ein Praktikum oder einen studienbegleitenden Job einplanen!

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