„Private spenden tendenziell viel für Katastrophen mit starker Medienpräsenz“
Naturkatastrophen wie der Zyklon in Mosambik oder der Brand von Notre Dame bekommen dank massiver medialer Berichterstattung oftmals hohe Summen von Spendengeldern durch private Personen oder Unternehmen zugewiesen. Dass diese häufig zweckgebundenen Spenden allerdings nicht nur positive Ausiwrkungen haben können, zeig die aktuelle Studie von Researcher of the month 05/19 Tina Wakolbinger. Wir haben die WU Forscherin gefragt, wie man das mediale Interesse steuern kann.
Name: Tina Wakolbinger
Jahrgang: 1979
Geburtsort (aufgewachsen in): Hellmonsödt, Oberösterreich
Als Kind wollte ich werden: Schimpansenforscherin (war sehr beeindruckt von Jane Goodall)
Darum bin ich Wissenschaftlerin geworden: Ich genieße die Freiheit, interessante, relevante und wenig erforschte Themen zu entdecken und mit wissenschaftlichen Methoden zu erforschen.
Das fasziniert mich an meinem Fachbereich: Gesellschaftliche Relevanz, Interdisziplinarität
Mein persönliches berufliches Wunschziel: Gemeinsam mit meinen DoktorandInnen und KollegInnen noch viele spannende Forschungsprojekte durchzuführen.
WU Blog: Hohes mediales Interesse – wie zuletzt beim Brand von Notre Dame – führt zu einem zum Teil überhöhten Spendenaufkommen. Gibt es überhaupt Möglichkeiten, dieses Interesse zu steuern? Wenn ja, wie?
Tina Wakolbinger: Einige Hilfsorganisationen ermöglichen es SpenderInnen (grundsätzlich oder in bestimmten Fällen) nicht, zweckgebunden zu spenden. Andere schließen Spendenkonten für spezielle Zwecke, wenn sie genug Geld erhalten haben. Wiederum andere bitten die SpenderInnen im Nachhinein darum, das Geld umwidmen zu können, wenn sie zu viel Geld erhalten haben. All diese Strategien bergen das Risiko, damit potenzielle SpenderInnen zu verlieren, was sich in Zeiten von zunehmendem Wettbewerb um SpenderInnen nur wenige Hilfsorganisationen leisten können.
WU Blog: Warum ist Flexibilität für Spendenorganisationen so wichtig?
Tina Wakolbinger: Einerseits ist Flexibilität in Bezug auf die Verteilung der Mittel auf verschiedene Hilfsprojekte notwendig. Von privaten SpenderInnenn wird tendenziell viel für Katastrophen gespendet, die stark in den Medien repräsentiert sind, unabhängig davon, wie stark der Bedarf an Hilfe ist. Für Katastrophen, die außerhalb des Medieninteresses liegen, stehen oft zu wenige Geldmittel zur Verfügung. Die Hilfsorganisationen benötigen die Flexibilität, um für einen Ausgleich zu sorgen.
Oft ist es auch sinnvoll, nicht benötigte Hilfsgüter, Maschinen und Fahrzeuge von einem Land in ein Nachbarland zu transportieren, wenn plötzlich der Bedarf in einer Region aufgrund einer plötzlich eintretenden Katastrophe groß ist. Dies ist oft nicht möglich, wenn Hilfsgüter, Maschinen und Fahrzeuge mit zweckgebundenen Spenden gekauft wurden. Das führt häufig zu hohen Transport- und Anschaffungskosten.
Andererseits benötigt es eine gewisse Flexibilität in der Aufteilung der Mittel auf projektspezifische Kosten und Gemeinkosten. Wenn zu wenig freie Mittel für administrative Aufgaben vorhanden sind, kann es z.B. dazu führen, dass zu wenig qualifiziertes Personal in den Hauptquartieren eingesetzt und nicht genug in IT Systeme investiert wird. Dies kann langfristig die Effizienz der Organisation schwächen und zu hohen Folgekosten führen.