KI im Studium: 5 Fragen an WU Professorin Susann Fiedler
Im Expertinnen-Interview gibt WU Professorin Susann Fiedler Einblicke zu künstlicher Intelligenz im universitären Alltag und wie KI dein Studium beeinflussen kann. Weitere Infos zu KI und Studieren findest du hier. Prof. Susann Fiedler ist Leiterin des WU Instituts für Cognition and Behavior. In ihrer Forschungsarbeit konzentriert sie sich auf Verhaltensökonomie und Entscheidungsprozesse.
WU Blog: Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre: Integrieren Sie KI bereits in Ihren Lehrveranstaltungen – wenn ja, inwiefern?
Susann Fiedler: In meinen Kursen integriere ich KI, um Studierenden praxisnahe Erfahrungen zu bieten. Zu Beginn des Semesters erlernen wir gemeinsam die Grundlagen effektiver KI-Nutzung. Im Rahmen von ersten Übungen wird schnell klar, dass trotz des allgemeinen Interesses die Kompetenzniveaus im Umgang mit KI unter den Studierenden stark variieren, besonders im Verständnis der Funktionsweise von Sprachmodellen wie LLMs. Durch Gruppenaufgaben in und außerhalb der Kurse testen die Studierenden ihre Fähigkeiten in realen Szenarien und reflektieren kritisch über Möglichkeiten und Grenzen von KI-Tools. Ein Einsatz der bisher auf sehr viel Interesse gestoßen ist, ist der Einsatz von ChatGPT zur Simulation von Verhandlungen, wobei ChatGPT verschiedene (Arbeitgeber)rollen übernimmt. Diese Übungen stärken die Argumentations- und Verhandlungskompetenzen und bieten Einblicke in verschiedene Perspektiven. Neben der direkten Anwendung diskutieren wir die Anwendung in verschieden unternehmerischen Kontexten, schauen uns Analysen an, was die Nutzung von KI für die Arbeitswelt bedeutet.
WU Blog: Welche Vorteile erkennen Sie für Studierende bei der Nutzung von KI in Ihrer wissenschaftlichen Praxis?
Susann Fiedler: Für Studierende kann KI viele Aspekte ihrer Tätigkeit unterstützen: Sie beschleunigt die Analyse von Daten, erleichtert das Erkennen von Mustern und bietet mit Tools wie GitHub Co-pilot strukturierte Einblicke. Sie übersetzt Inhalte in verschiedene Sprachen und automatisiert Routineaufgaben, Literaturrecherche und Dokumentenformatierung. Dies spart Zeit und gibt Raum tiefer in die Themen einzudringen. KI unterstützt neue Methoden zu erlernen und erleichtert interdisziplinäre Forschung, da es erleichtert unterschiedliche Blickwinkel systematischen zusammenzufassen. Ausgestattet mit dem Wissen über die passenden KI-Werkzeuge können unsere Studierenden in der Zukunft sich noch komplexeren und spannenderen Forschungsfragen zuwenden.
WU Blog: Wo könnten Nachteile für Studierende entstehen?
Susann Fiedler: Die unreflektierte Integration von KI in die akademische Forschung kann problematisch sein. Eine zentrale Herausforderung ist die Überabhängigkeit von Technologie, die dazu führen kann, dass Studierende grundlegende Forschungsfähigkeiten wie kritisches Denken und Problemlösung ohne digitale Hilfsmittel vernachlässigen. Zudem besteht die Gefahr, dass durch verzerrte oder unvollständige Daten (welche als Grundlage für die AI genutzt werden) fehlerhafte oder voreingenommene Schlussfolgerungen gezogen werden, was die Qualität der Forschung beeinträchtigt. Datenschutz und ethische Bedenken sind weitere wichtige Aspekte, insbesondere im Umgang mit sensiblen Daten. Diese Faktoren erfordern eine sorgfältige Abwägung und ein ausgewogenes Vorgehen beim Einsatz von KI in der akademischen Forschung.
Für mich sind KI basierte Tools, wenn sie richtig eingesetzt werden, extrem wertvoll und können den Forschungsprozess enorm bereichern.
WU Blog: KI in wissenschaftlichen Arbeiten: Für Sie ein No-Go oder wertvolles Tool?
Susann Fiedler: Für mich sind KI basierte Tools, wenn sie richtig eingesetzt werden, extrem wertvoll und können den Forschungsprozess enorm bereichern. Der Markt an verschiedenen Angeboten wächst derzeit jeden Tag. Tools, die ich derzeit sehr hilfreich finde für wissenschaftliche Arbeiten: Semantic Scholar, Elicit und Iris agieren als digitale Assistenten: Sie helfen bei der Organisation von Literaturverzeichnissen, schlagen neue Veröffentlichungen vor und erstellen Forschungszusammenfassungen. Research Rabbit, LitMaps und Scite gehen noch einen Schritt weiter: Sie zeigen nicht nur auf, wie oft, sondern auch in welchem Kontext wissenschaftliche Arbeiten zitiert werden. Keines der Tools ist perfekt und es lohnt sich immer wieder verschiedene Tools auszuprobieren.
WU Blog: KI im universitären Alltag: Was hat sich in den letzten Jahren für Sie geändert?
Susann Fiedler: Bis letztes Jahr spielte KI in meinem Alltag keine bewusste Rolle, jetzt sind die Tools in meinem Forschungsprozess nicht mehr wegzudenken. KI hat sich rasant entwickelt, besonders in maschinellem Lernen, Datenanalyse und Sprachverarbeitung, und verändert den Universitätsalltag für mich grundlegend. In der Forschung ermöglicht KI die Automatisierung von zuvor langwierigen und aufwendigen Prozessen und macht damit Platz für neue und andere Forschungsprogramme. Ich bin wahnsinnig beeindruckt, wie durch KI Sprachbarrieren überwunden werden können und effektive Zusammenarbeit auch über verschiedene Statistikprogramme hinweg leichter wird. Kurzum, KI ist vom Randphänomen zu einem festen Bestandteil des akademischen Lebens geworden, verändert die Wissensproduktion und -vermittlung und bietet spannende neue Forschungswege.