„Fragen, fragen, fragen! Nur so kann man eine Lösung finden.“

Die WU legt großen Wert auf Inklusion und Barrierefreiheit, und das nicht nur am 3. Dezember (dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen). Der Campus WU soll sowohl für Mitarbeitende, Lehrende, aber vor allem auch Studierende ein Ort sein, an dem sich Wissen ungehindert entfalten kann. Mit Unterstützung des BeAble-Teams studieren deshalb Menschen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen erfolgreich an der WU.

Christoph Steindl studiert aktuell im Masterpogramm Wirtschaftsrecht  an der WU. Wir haben den Studenten, der nebenbei auch an der WU arbeitet und sich auch als Lernbuddy engagiert, wo er Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien beim Lernen unterstützt, nach seinen Erfahrungen mit dem BeAble-Programm gefragt.

WU Blog: Welche Erfahrungen hast Du bisher als Student an der WU gemacht? Was gefällt Dir hier besonders gut?

Christoph Steindl: Rechtlich war ich immer sehr interessiert, deshalb war die WU für mich die erste Wahl. Außerdem war Latein nicht so interessant für mich. Mit dem Aufbau des Studiums an der WU bin ich also sehr zufrieden. Ich bin schon seit 2010 an der WU und kannte noch den alten Campus im 9. Bezirk, mit den alten Hörsälen, den barrierefreien Plätzen in den hinteren Bereichen und auch in der Bibliothek war dort alles ganz anders. Am neuen Campus WU hat sich einiges geändert, die barrierefreien Plätze sind jetzt nicht mehr ganz hinten und die Ruheräume sind ein tolles Angebot, das ich gerne nutze.

Die Kommunikation ist ebenfalls besser am neuen Campus: Wo darf ich parken, kann ich die Garage eventuell kostenfrei nutzen? Ich wusste gar nicht, dass es die Möglichkeit gibt! Hier gibt es kostenfreie Tickets, das wurde vom Campusmanagement gut kommuniziert. Ich habe nur in der ersten Woche gezahlt, innerhalb von 14 Tagen war das Thema dann aber erledigt.

WU Blog: Wie sieht der Studienalltag an der WU für Dich aus – kannst Du uns ein paar Einblicke geben?

Christoph Steindl: Es funktioniert mittlerweile alles ziemlich gut. Es gibt Vorab-Anmeldungen für Lehrveranstaltungen und ich kann auf Mitschriften von Arbeitskolleg/inn/en zurückgreifen, die ebenfalls studieren. Dass Kolleg/inn/en in die Lehrveranstaltung mitkommen können, ist ebenfalls eine große Unterstützung für mich. Die Kolleg/inn/en sind dankbar für einen Fixplatz in der Lehrveranstaltung, und die Lehrveranstaltungsleiter/innen sind sehr entgegenkommend.

Lernen funktioniert mit persönlicher Assistenz, die vom Sozialministeriumsservice finanziert wird und die ich jedes Semester neu ansuchen muss, bezüglich des Stundenausmaßes. Dass ich mich vorab für Lehrveranstaltungen anmelden und deshalb den Stundenplan schon im Vorhinein fixieren kann, erleichtert die Planbarkeit für mich sehr.

WU Blog: Welche Herausforderungen stellen sich für Dich, von denen andere Studierende nicht betroffen sind?

Christoph Steindl: Ich würde sagen, die Organisation am Studienanfang sieht anders aus, aber irgendwann spielt es sich schon ein. Natürlich ist es ein Mehraufwand, für mich und für andere, die Assistent/inn/en und Kolleg/inn/en. Und ganz am Beginn des Studiums sind die Herausforderungen größer: Prüfungszeitverlängerungen, Parkplatz, etc.: Wo suche ich wofür an?

„Gerade bei den Prüfungen ist das BeAble-Programm eine große Erleichterung, wenn man Hilfe braucht.“

Die STEOP fand damals noch in der Messehalle statt, und die ersten beiden Prüfungen habe ich ebenfalls in der Messehalle mit den anderen Studierenden geschrieben. Da hätte ich einer Assistenzperson immer die Antwortmöglichkeiten laut ansagen müssen, das ging mit den vielen anderen Kolleg/inn/en um einen herum aber natürlich nicht. Daraufhin habe ich das WU Campusmanagement kontaktiert und wurde an die Prüfungsabteilung verwiesen. Es wurde ein eigener Raum organisiert, zunächst ohne Prüfungszeitverlängerung. Damals wusste ich nicht, dass es auch diese Option gibt. Das wurde dann später ebenfalls kommuniziert und das nimmt einem schon etwas ab.

Wenn man arbeitet oder studiert, bekommt man eine Förderung vom Sozialministeriumsservice für ein Arbeitsausmaß von 40 Wochenstunden, das heißt, ich darf pro Woche 40 Stunden arbeiten. Studium wird aber als Arbeit gezählt, mit meiner zusätzlichen Teilzeitbeschäftigung am Institut geht sich das nicht aus. Der einzige Nachteil ist, dass man mit der Förderung für 40 Stunden auskommen muss – eventuell brauche ich aber 45 Stunden in der Woche. Der Rest ist dann „Freizeit“, da gibt es ein eigenes Konto, das benutze ich dafür. Das ist für die Unterstützung im Alltag da, die Stunden nehme ich manchmal für das Studium her.

WU Blog: Wie hat Dir das BeAble-Programm geholfen und kannst Du empfehlen, daran teilzunehmen?

Christoph Steindl: Gerade bei den Prüfungen ist es eine große Erleichterung, wenn man Hilfe braucht. Es ist endlich konzentriert: Man bekommt für jeden Bereich Informationen, wo man sich hinwenden muss. Es gibt eine/n Ansprechpartner/in für alles, das ist sehr positiv.

WU Blog: Wie hast Du die Kontaktaufnahme mit Studienkolleg/inn/en in den Lehrveranstaltungen empfunden?

Christoph Steindl: Über einen Studienkollegen aus der Lehrveranstaltung und der Arbeit habe ich auch Personen zur Unterstützung kennengelernt. In der Lehrveranstaltung selbst ist es eher schwer, Leute kennen zu lernen. Die barrierefreien Plätze sind immer in der ersten Reihe, man sitzt oft alleine. In den SBWLs gibt es Gruppenarbeiten, da ist es leichter, ins Gespräch zu kommen.

„Mein rechtliches Interesse gibt mir Kraft und Motivation – denn vor dem Recht sind alle gleich!“

WU Blog: Was war für Dich der bisher größte Erfolg im Zuge Deiner studentischen Laufbahn?

Christoph Steindl: Dass ich durch das Studium den Job hier an der WU bekommen habe. Ich habe mich auf eine normale Stelle beworben, später wurde dann entschieden, dass die Stelle doppelt besetzt wird. Seitdem ich die Unterstützung bekomme, haben sich meine Noten auch verbessert, man sieht das dementsprechend auch am Zeugnis.

„Je älter man wird, desto leichter wird es von den Förderungen her: es ist dann alles zentralisierter.“

WU Blog: Was gibt Dir Kraft und Motivation, Dein Studium in dieser Form zu betreiben?

Christoph Steindl: Das rechtliche Interesse – vor dem Recht sind alle gleich! Die Politik macht die Gesetze, aber die Gesetze kontrollieren auch die Politik. Letzte Instanz ist immer noch das Recht.

Und dass es überhaupt möglich ist, zu studieren. Es war nicht leicht bis hierher. Aber je älter man wird, desto leichter wird es dann von den Förderungen her: Es ist dann alles zentralisierter, die Förderungen sind dann Bundeskompetenz. Davor war es landesspezifisch, manchmal sogar gemeindeabhängig, wie viel Förderung man bekommen hat. Wenn man dann beispielsweise in der „falschen“ Gemeinde wohnt, die gerade nicht die Finanzen hat, ist das ein Nachteil. Die persönliche Assistenz ist Bundessache, die wird vom Sozialministeriumsservice geregelt.  Da gibt es dann eine/n zentrale/n Ansprechpartner/in, egal woher man kommt. Das macht es einheitlicher und leichter.

WU Blog: Welchen Tipp würdest Du anderen Studierenden mit (physischer) Beeinträchtigung geben, die erst am Anfang ihres Studiums stehen?

Christoph Steindl: Fragen, fragen, fragen! Mehr als ein „Nein“ kann nicht kommen. Man muss sich einfach informieren und am Anfang die Initiative ergreifen. Und man muss sich bewusst sein, was man braucht und dann fragen – jede/r ist ja anders. Nur so bekommt man eine Antwort und kann eine Lösung finden.

WU Blog: Hast Du ein Abschlussstatement für uns?

Christoph Steindl: Am Anfang habe ich mich auch mit Gleichstellungsfragen befasst, ich lese generell gerne politische Artikel. Mir stellt sich in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage: Warum müssen wir für Personen mit Behinderung alles über Förderungen machen? Die Frage ergibt sich für mich wahrscheinlich auch aufgrund der Behinderung. Mal schauen, ob es da zukünftig einen Rechtsanspruch gibt und nicht nur eine Förderung, um die man ansuchen muss.