„Wie so viele andere Innovationen durchlebt auch die Blockchain den klassischen Hype-Cycle“

Zukunftstechnologien wie Kryptowährungen und künstliche Intelligenz beschäftigen nicht nur die ForscherInnen an der WU, sondern auch Unternehmener wie Michael Platzer von mostly.ai, einem Unternehmen, das sich auf die Anonymisierung von Big Data spezialisiert hat. Wir haben den WU-Absolventen nach seiner Meinung zum Kryptoökonomieinstitut an der WU, den Hype rund um Blockchain und Bitcoins sowie zu seiner Auszeichnung mit dem Robert J. Lavidge Global Marketing Research Award und den Berufschancen für WU Studierende gefragt.

WU Blog: Sie waren jahrelang bei Nokia und Microsoft als Data Scientist beschäftigt. Was fasziniert Sie an diesem Bereich und was konnten Sie von Ihrer Ausbildung an der WU mitnehmen?

Michael Platzer: Ich hatte das Glück sowohl eine technische als auch eine wirtschaftliche Ausbildung hier in Wien an zwei ausgezeichneten Universitäten genießen zu dürfen. Und gerade die Verbindung der beiden Welten, hat es mir in meinem Berufsleben immer wieder ermöglicht die Brücke zu schlagen, vom dem was technisch möglich ist zu dem was ökonomisch auch sinnvoll ist. Und gerade hierzu ist man als Data Scientist im Praxisalltag immer wieder gefordert.

„Wie so viele andere Innovationen durchlebt auch die Blockchain den klassischen Hype-Cycle.“

WU Blog: Nun gibt es an der WU seit 2017 ein Kryptoökonomie-Institut: als wie wichtig erachten Sie dieses Feld – abseits der Hypes – für die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft und der Wissenschaft?

Michael Platzer: Die Blockchain ist eine faszinierende Technologie, die neue Möglichkeitsräume eröffnet, deren Implikationen es erst gilt wirklich zu erfassen. Wie so viele andere Innovationen durchlebt auch diese Entwicklung den klassischen Hype-Cycle. Aber umso wichtiger ist es eben hier einen wissenschaftlich fundierten Diskurs zu führen, denn ich bin überzeigt dass über kurz oder lang auch diese Technologie eine breite Anwendung in unserem Alltag finden wird. Sie wird einen integralen, wenn auch eventuell kaum sichtbaren, Bestandteil der Infrastruktur unseres Wirtschaftssystems bilden. Ich freue mich jedenfalls sehr dass die WU hier in einer Vorreiterrolle tätig ist.

WU Blog:  Was können Sie jungen WU Studierenden auf den Weg mitgeben, die sich ebenfalls für diesen Bereich interessieren?

Michael Platzer: Go for it! Und vernetzt euch dabei frühzeitig mit ähnlich interessierten Kollegen und Kolleginnen, tauscht euch aus, spornt euch an und geht dabei mutig neue Wege! Die Freiheit im Denken ist bei den Jungen ungleich viel größer, und dies gilt es zu nutzen und auch in die Tat umzusetzen. Sprich, neben der Ausbildung kann ich nur jeden ermutigen eigene Nebenprojekte anzugehen und zu verwirklichen, unabhängig ob man schlußendlich eine Laufbahn als Selbständiger oder als Angestellter anstrebt, sind dies wertvolle Lernerfahrungen.

„Vernetzt euch frühzeitig mit ähnlich interessierten Kollegen und Kolleginnen, tauscht euch aus, spornt euch an und geht dabei mutig neue Wege!“

WU Blog: Sie wurden von der American Marketing Association (AMA) mit dem Robert J. Lavidge Global Marketing Research Award 2017 ausgezeichnet. Wofür haben Sie diesen Preis erhalten und was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung persönlich?

Michael Platzer: Dies war eine wirklich sehr erfreuliche Anerkennung auf internationaler Ebene für unsere Forschungserfolge, welche wir (Prof. Dr. Thomas Reutterer und ich) hinsichtlich der Modellierung von Kundenverhalten erzielt haben. Kurz zusammengefasst haben wir aufgezeigt wie sich mit flexibleren parametrischen Modellen höhere Prognosequalitäten erzielen lassen, im Speziellen wenn man die Regelmäßigkeiten im Kaufverhalten mitberücksichtigt. Dies war aber eben erst möglich durch den Umstieg auf eine andere Art der statistischen Parameterschätzung, welche wiederum erst durch moderne Computerhardware ermöglicht wurde. Gleichzeitig war es mir aber auch wichtig einen breiteren Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung zu leisten, indem ich sämtliche Modellimplementierungen unter eine liberale Open-Source Lizenz frei zur Verfügung gestellt hab. Dadurch wird hoffentlich auch anderen Forschungstreibenden als auch Anwendern es erleichtert diese Methoden schneller zum Einsatz bringen können.

WU Blog: Derzeit arbeiten Sie mit ihrem Unternehmen Mostly AI an der Generierung von synthetischen Daten. Können Sie dieses Konzept bitte kurz erklären, und warum dies von Nutzen sein kann?

Michael Platzer: Es werden immer mehr Daten gesammelt, gleichzeitig wächst aber auch das Bewusstsein dass mit diesen Daten sorgsam umgegangen werden muss, da sie viel Persönliches über jeden Einzelnen von uns preis geben. Eben deshalb haben wir ja mit der Europäischen Datenschutzverordnung nun klare Rahmenbedingungen wie mit den personenbezogenen Daten umgegangen werden darf. Die Generative Künstlichen Intelligenz ermöglicht uns nun aber mit der Datensynthetisierung einen gänzlich neuen Ansatz zu verfolgen, der es Firmen (Banken, Versicherern, Retailern, etc.) als auch öffentlichen Einrichtungen ermöglicht, Daten zuverlässig zu anonymisieren und gleichzeitig deren Informationsgehalt auf zuvor unnerreichtem Niveau zu erhalten. Die Maschine erlernt die Muster und simuliert daraufhin synthetische, so-gut-wie-echte Kundendaten. Wir sind hier weltweit als Erster mit einer derartigen Technologie am Markt, und sehen naturgemäß entsprechendes Potential, und freuen uns auf die nächsten Schritte.

WU Blog: Worin sehen Sie die größten Vorteile, die AI und Big Data für die Zukunft der Menschen mitbringt?

Michael Platzer: Vor allem für die Wissenschaften sehe ich hier viel Potential, indem Maschinen uns unterstützen, komplexe Zusammenhänge schneller und früher zu erkennen, indem große Datenmengen erfasst und modelliert werden können. Und mit Mostly AI hoffen auch wir hier einen gesellschaftlichen Mehrwert beitragen zu können, zB um auf umfangreiche medizinische Daten zugreifen zu können ohne dabei aber den Datenschutz auch nur in geringster Weise zu gefährden.

WU Blog: Macht sich der Mensch durch den Einsatz von AI langfristig entbehrlich?

Michael Platzer: Nein, natürlich nicht. Künstliche Intelligenz besteht im Kern aus vielen, kleinen Rechenoperationen, welche schnell ausgeführt werden können. Und zum Mensch Sein gehört nun doch wohl mehr als bloss Kopf zu rechnen.

WU Blog: Am 26.11. findet ja Wien wieder der Blockchain Summit statt – werden Sie daran teilnehmen?

Michael Platzer: Selbstverständlich, die Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen!