Lebensqualität im Alter: Eine Frage des Umfelds?
Nicht nur die Lehrenden an der WU machen sich Gedanken um das Zusammenleben der Generationen. Steigende Aufwände für häusliche Pflege, wachsende Jugendarbeitslosigkeit, die Einhaltung des Generationenvertrags und nicht zuletzt ein drohender ÄrztInnenmangel sind auch den jungen ForscherInnen der WU ein wichtiges Anliegen. Eine davon, Assma Hajji, schreibt ihre Dissertation über das „EXCELC“-Projekt und untersucht verschiedene Aspekte der Langzeitpflege im internationalen Vergleich.
Nach dem Masterstudium der Sozioökonomie wollte ich meine Dissertation in einem Themenbereich schreiben, der wirtschafts- und „klassisch“ sozialwissenschaftliche Themen vereint. Das EXCELC-Projekt am WU Forschungsinstitut für Altersökonomie, welches sich mit der Effizienz und Effektivität von Langzeitpflege im Ländervergleich befasst, bietet mir genau diese Möglichkeit.
Konkret geht es darum, wie verschiedene Betreuungs- und Pflegedienstleistungen die Lebensqualität von pflegebedürftigen Personen und ihren Angehörigen beeinflussen. Dabei interessieren nicht nur Grundbedürfnisse – ist die Person satt, sauber und trocken – sondern auch weitere Aspekte, die für ein erfülltes Leben relevant sind. Dazu wurden zahlreiche ältere Menschen in Österreich, Finnland und England befragt, die Dienstleistungen zu Hause in Anspruch nehmen. Zusätzlich fanden auch Interviews mit ihren betreuenden Angehörigen statt, um auch deren Perspektive zu erfassen. In einem nächsten Schritt werden die gewonnenen Daten ausgewertet – diese Phase läuft gerade an. Ein paar spannende Einblicke in die Fieldwork-Phase sind im Projektblog zusammengefasst.
Langzeitpflege – so fern, und doch so nah
Als junger Mensch ist die Auseinandersetzung mit dem Thema der Langzeitpflege vielleicht nicht ganz so naheliegend. Obwohl sehr viele Personen zumindest Erfahrungen aus zweiter Hand haben (etwa durch Eltern oder Großeltern), ist es doch ein Bereich, mit dem man sich oft erst auseinandersetzt, wenn man davon betroffen ist. Dass gerade das sehr viel schneller geschehen kann, als man denkt, ist im Zuge der Feldarbeit oft zur Sprache gekommen.
Die allgemeine Relevanz des Pflegethemas aus wohlfahrtstaatlicher, arbeitsmarktpolitischer und gesellschaftspolitischer Perspektive war ebenso ein Grund für mich, in diesem Projekt zu forschen, wie der internationale Kontext und die Möglichkeit, in einem länderübergreifenden Projektteam zu arbeiten.
Erste (Zwischen)-Ergebnisse: Personen mit Unterstützungsbedarf
Zuhause bleiben, solange es geht: viele Personen nehmen die Möglichkeit, Unterstützung zu Hause zu bekommen, gerne an – der Umzug in ein Heim wäre nur der letzte Ausweg.
Betreuungsdienstleistungen wirken nicht immer nur da, wo sie wirken sollen – und das ist gut so: auch unintendierte Nebeneffekte können auftreten. So ist beispielsweise zu erwarten, dass eine Heimhilfe positive Auswirkungen im Bereich „Sauberkeit Zuhause“ haben wird – aber dass sich der Besuch der Heimhilfe ebenso positiv auf das Sozialleben älterer alleinstehender Menschen auswirken kann, mag im ersten Moment vielleicht überraschend klingen.
Heimhilfe: Mehr als nur eine Stütze im Haushalt
Angehörige als Sprach- und Informationsrohr: Informationen und Unterstützung zum Thema Pflege sind grundsätzlich vorhanden und frei verfügbar, der Zugang ist für Betroffene allerdings nicht immer so leicht. Oft sind es hier Angehörige, die unterstützend eingreifen und weiterhelfen.
Erste (Zwischen)-Ergebnisse: Betreuende Angehörige
Wie bereits erwähnt, hängt vieles an betreuenden Angehörigen – dies sind in der Regel Ehepartner, (Enkel-)Kinder, oder andere Personen aus dem Freundes- und Verwandtenkreis. Befragt man diese Menschen, stellt sich oft heraus, dass sie mit der Bezeichnung selbst wenig anfangen können. Man betrachtet sich als Partner, Kind oder Freund – nicht als „betreuender Angehöriger“. Unterstützung im Alltag wird wie selbstverständlich geleistet und ihr Beitrag tendenziell unterschätzt.
Unterschätzte Arbeit durch Angehörige
Auch aus diesem Grund ist es wichtig, dass Unterstützungsleistungen nicht „an den Angehörigen“ vorbei geplant werden. Nur, wenn sich Angehörige darauf verlassen können, dass die Pflegetätigkeiten zuverlässig verrichtet werden und ihre Lieben gut versorgt sind, können sie ruhigen Gewissens ihrem eigenen Alltag nachgehen. Ansätze, betreuende Angehörige zunehmend einzubeziehen – wie es sie zum Glück immer zahlreicher gibt – sind daher zu begrüßen.
Ergebnisse der quantitativen Auswertungen des Projekts sind ab Mai 2018 zu erwarten, Einblicke und laufende Updates gibt es auf der EXCELC-Homepage.
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