Hall of Femmes: Anna Jaschek-Langthaler

„Trauen Sie sich (fast) alles zu!“

Bitte geben Sie ein paar biographische Eckdaten bekannt: welche Ausbildung haben Sie absolviert, was sind die wichtigsten Eckdaten ihrer beruflichen Entwicklung und welche Position haben Sie jetzt inne?

Nach meinem Studium der Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien (Schwerpunkte: Wirtschafts- und Verwaltungsführung, Technologie und Warenwirtschaftslehre) arbeitete ich 2,5 Jahre in einer Unternehmensberatung und machte nebenbei einige weitere Ausbildungen, u.a. einen postgradualen Lehrgang zum Wirtschafts- und Organisationstrainer. Seit Anfang 2000 bin ich nun in meiner derzeitigen Funktion tätig und leite die Personalabteilung an der WU Wien.

Worum geht es in Ihrer Arbeit? Was sind Ihre Arbeitsschwerpunkte?

Die ersten Jahre meiner Tätigkeit an der WU waren sehr stark geprägt von Aufbau- und (Um-)Strukturierungsarbeiten (Aufbau einer serviceorientierten Abteilung, Entwicklung passender Arbeitsprozesse, EDV-Systeme etc.). Die Jahre darauf standen aufgrund der großen Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen (Ausgliederung der Universitäten aus dem Bund – Vollrechtsfähigkeit, grundlegend neues Dienstrecht) insbesondere strategische und rechtliche Themen sehr stark im Vordergrund. Der Abschluss des Kollektivvertrages für die Arbeitnehmer/innen an Universitäten im Jahr 2009 erforderte neuerlich das Überdenken und Etablieren zahlreicher Policys und war mit vielen großen Umstellungsarbeiten verbunden. In den letzten Jahren geht es nun vor allem darum die Personalarbeit nochmals ein Stück weiter zu professionalisieren und es stehen neben der alltäglichen Personalarbeit (Leitung und Führung der Personalabteilung, Entscheidungen in Personalangelegenheiten, Beratung der Universitätsleitung und der Führungskräfte, Weiterentwicklung der WU-Policys, Verhandlungen mit verschiedenen Interessensgruppen etc.) Themen wie die Professionalisierung der Unterstützung bei der Personalauswahl, das betriebliche Gesundheitsmanagement, die familienfreundliche Universität u.Ä. in unserem Fokus.

Wenn Sie Ihren beruflichen Werdegang betrachten – was sind Ihre persönlichen Erfolgsfaktoren?

Zu meinen persönlichen Erfolgsfaktoren gehören Zielstrebigkeit, Reflexionsfähigkeit und persönliche Weiterentwicklung. Ein Stück Glück – vor allem auch was Rahmenbedingungen betrifft – gehört aber im Leben immer dazu.

Was motiviert Sie besonders in Ihrer Arbeit?

Besonders motivierend empfinde ich es aktiv einen Beitrag dazu leisten zu können, die Arbeitswelt lebenswerter zu gestalten – Mitarbeiter/innen leisten ihren Beitrag zum Erfolg unserer Organisation und sollen dafür Rahmenbedingungen vorfinden, in denen sie dies gerne tun. Motivierend empfinde ich es auch in schwierigen persönlichen Lebenssituationen von Mitarbeiter/inne/n Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter/innen entsprechen, aber auch die der WU erfüllen.

Auf welche Barrieren sind Sie im Verlauf Ihres Berufslebens gestoßen?

Ich möchte es nicht Barrieren, sondern mit dem zugegebenermaßen etwas abgedroschenen Wort Herausforderungen benennen – ein Leben mit Kindern leben zu möchten und eine anspruchsvolle, zeitfordernde Führungsfunktion gut zu erfüllen, stellt sicherlich die größte Herausforderung in meinem Berufsleben dar. Auch wenn ich das in jüngeren Jahren vielleicht anders gesehen hätte, ist dies für Frauen oft viel schwerer zu bewerkstelligen als für Männer – dies einerseits aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen, aber auch aufgrund der ganz persönlichen Bedürfnisse der Frauen.

Führung in Teilzeit ist für viele Unternehmen schwer vorstellbar, für einige funktioniert es sehr gut. Wie gelingt es aus Ihrer Sicht, dieses Modell erfolgreich zu realisieren?

Grundsätzlich – unabhängig von Vollzeit oder Teilzeit – erfordert das Ausüben einer Führungsfunktion und ein Leben mit Kindern eine sehr gute Organisation des täglichen Lebens und viel verlässliches „Betreuungs – Backup“ für Unvorhergesehenes. Führung in Elternteilzeit ist darüber hinaus nur mit großer Flexibilität in den Arbeitszeiten möglich. Besonders wichtig sind aber eine loyale Stellvertretung, die mit einem am selben Strang zieht und ein gut funktionierendes Team. Ich kann dazu nur sagen, ich habe das große Glück ein äußerst unterstützendes Umfeld zu haben – zwei sehr loyale und sehr verlässliche Fachbereichsleiter und Stellvertreter, von denen einer auch im Alltag eine erweiterte Stellvertretung wahrnimmt (d.h. Ansprechpartner vor Ort ist, während ich nur Teilzeit vor Ort sein kann) und ein super Team; außerdem Eltern und Schwiegereltern, die an drei Tagen pro Woche die Nachmittagsbetreuung der Kinder übernehmen und wenn notwendig auch zusätzlich einspringen und eine partnerschaftliche Ehe.

Was tun Sie gerne, wenn Sie nicht arbeiten?

In meiner Freizeit genieße ich die Zeit mit meiner Familie und meinem seit der Schulzeit bestehenden Freundeskreis – besonders gerne in der Natur und bei Gesellschaftsspielen. Darüber hinaus widme ich mich meinen neuen Hobbies, dem Reiten und dem Radfahren. Meiner Leidenschaft – dem Reisen (insbesondere im asiatischen Raum) – konnte ich in den letzten Jahren nicht nachgehen. Dies wird in einigen Jahren sicherlich wieder anders sein.

Was sollten die Universitäten noch tun, um die Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu erhöhen?

Die Universitäten sollen m.E. eine Vorreiter- und Vorbildrolle in unserer Gesellschaft und unserer Arbeitswelt wahrnehmen; dies auch um die Entwicklung unserer Arbeitswelt in die (aus meiner Sicht) richtige Richtung voran zu treiben. Im Fokus sollte dabei die Nachhaltigkeit in allen Aspekten stehen und es ist auch in Hinblick auf Gerechtigkeit und Chancengleichheit auf eine Arbeitsumgebung mit förderlichen Rahmenbedingungen zu achten – Stichworte sind dabei (tatsächliche) Gleichbehandlung, Work-Life-Balance, große Flexibilität (z.B. Arbeitszeiten), Familienfreundlichkeit, gegenseitige Loyalität, hohe Führungskompetenz der Führungskräfte aller Ebenen, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Integration von Mitarbeiter/inne/n mit unterschiedlichen Bedürfnissen u.a.

Welche Empfehlungen möchten Sie gerne an junge Frauen, die am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn stehen, weitergeben?

Unterschätzen Sie nicht die Wichtigkeit von Netzwerken im Berufsleben, überlegen Sie aber gezielt und genau wie Sie Ihre (Lebens-)Zeit nutzen möchten. Trauen Sie sich (fast) alles zu! Arbeiten Sie mit daran unser aller Berufsleben aus Ihrer persönlichen (weiblichen) Sicht lebenswert zu gestalten und geben Sie die Hoffnung dabei nicht auf, dass sich das auszahlt.

#HallofFemmes #Gleichstellung #WU #Interview


Mit dem Projekt „Hall of Femmes“ soll die Sichtbarkeit von Frauen an der WU und mit Bezug zur WU erhöht und andere Frauen gestärkt werden, indem es Vorbilder schafft. In kurzen Interviews schildern die befragten Frauen ihre Karrierewege, berichten über entscheidende Erfolgsfaktoren für ihre berufliche Entwicklung und geben persönliche Karriereempfehlungen. Die ersten Interviews werden in einer mehrwöchigen Reihe im WU-Blog veröffentlicht.