Am Ende entscheidet das Bauchgefühl – oder „Just fuckin‘ do it!“

Marko Ertl ist WU Absolvent und in der österreichischen Gastroszene bekannt als Gründer der „Wrapstars“. Wir haben den Jungunternehmer, für den das BWL-Studium eigentlich eine spontane Entscheidung war, im Vorfeld des Entrepreneurstalk des WU Gründungszentrums (am 14.11.2017) zu seinem eher ungewöhnlichen Werdegang interviewt.

WU Blog: Sie haben an der WU studiert – was waren Ihre Berufswünsche?

Marko Ertl: Ich wollte als Kind eigentlich immer Arzt, genauer gesagt Pathologe werden und habe deshalb auf der HTL die Spezialisierung „Biomedizin“ gewählt. Dadurch bin ich schon früh mit Anatomie und Co. in Berührung gekommen. Nach dem Zivildienst war ich dann aber leider zu spät für den Aufnahmetest an der Meduni und hätte somit ein Semester warten müssen. Aus diesem Grund und auch weil ich an der HTL immer ohne viel Aufwand in Wirtschaft sehr gute Noten hatte, habe ich mich spontan dazu entschieden auf die WU zu gehen. Ich war im Allgemeinen sehr schlecht in der Schule, also dachte ich mir, dass ich vielleicht ein Talent für BWL habe.

An der Uni wurde dann erstmals mein Ehrgeiz geweckt und meine Noten haben sich deutlich verbessert – ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass ich für mich selbst lerne. Wirklich aufgeblüht bin ich dann aber erst in den Spezialisierungen. Vor allem im damaligen „Garage“ Kurs vom Entrepreneurship Insitut – aus welchem auch Wrapstars entstanden ist.

WU Blog: 2013 haben Sie gemeinsam mit Matthias Kroisz die Wrapstars gegründet – wie kommt man als klassischer Wirtschaftsuni-Absolvent auf diese Idee?

Ertl: Begonnen hat eigentlich alles im Sommer 2011. Wir waren beide recht faule Studenten und haben als Nachtwächter in einem Fitnessstudio gearbeitet. Unsere CVs waren nicht aufpoliert und so war es schwierig wirklich gute Praktika oder Jobs an Land zu ziehen. Also kam schnell der Gedanke sich einfach einen eigenen Job zu schaffen. Allgemein war für mich auch klar, dass ich nie in einem klassischen Job landen kann, da ich mit der vielen „Politik“ dahinter nicht klar komme – ich treffe lieber schnell Entscheidungen und experimentiere „on the fly“, als in 100 Meetings alles tot zu reden.

In dieser Zeit haben wir auch gemerkt, wie schwierig es sein kann an ordentliches Essen während der Arbeits/Unizeit zu kommen, wenn man zu faul ist selbst zu kochen. Wir lieben Essen und dachten uns wir sollten dieses Problem lösen. Es bräuchte so etwas wie McDonalds nur in gut, nachhaltig, etc. – Fast Food ohne Bullshit eben. Zunächst haben wir an einen „gesunden“ Lieferservice gedacht und diesen im Kurs „Garage“ vorgestellt. Nach viel Feedback, kleinen Caterings, vielen Köchen und durch Mentoren die uns davon abgeraten haben, konnten wir die nötigen Anpassungen vornehmen und dann ist 2013 irgendwann Wrapstars daraus entstanden.

„Wir waren eigentlich recht faule Studenten.“

Markus Ertl, Gründer der „Wrapstars“.

WU Blog: Was waren die schwersten Hürden, die es im ersten Jahr der Firmengründung zu bewältigen gab?

Ertl: Standorte genehmigt zu bekommen. Wir konnten ganze vier Mal pro Monat verkaufen und haben in den ersten 6 Monaten so viel Umsatz gemacht, wie wir heute teilweise täglich machen. Das Schwierigste war es Orte zu finden und genehmigen zu lassen, an welchen dann auch ausreichend Nachfrage vorhanden ist. Wir waren einfach zu früh dran – der Street Food Hype kam erst zwei Jahre später und wir mussten viel harte Vorarbeit leisten.

WU Blog: Gab es einmal einen Punkt, an dem Sie alles hätten hinschmeißen wollen?

Ertl: Diesen Punkt gab es sehr oft. Wir hatten ewig lange Arbeitstage an denen wir nur zwei Wraps verkauft haben. Wir hatten einen Motorschaden, welcher uns ein Monat stilllegte und die Reparatur 10.000€ gekostet hat – alles in einer Phase, wo wir sowieso knapp bei Kasse waren. Man trifft auf Personen, die einen betrügen, oder es werden einem scheinbar willkürlich Steine in den Weg gelegt. Das gehört alles dazu und es ist wichtig so etwas zu erleben – erst so weiß man es täglich zu schätzen, wenn es dann läuft. Es bildet den Charakter und bereitet das Team darauf vor, auch in guten Zeiten bessere Entscheidungen zu treffen, nicht abzuheben und immer den besten Job zu machen – egal ob es gerade läuft oder nicht. Nichts ist selbstverständlich und man muss jeden Tag hart arbeiten, damit man das Ziel erreicht.

Am Ende des Tages sind es die Kunden, die auch bei -10° angestellt stehen, von deinem Essen schwärmen und ihr hart verdientes Geld für dein Produkt ausgeben, die dich dazu motivieren durchzuhalten und weiterzumachen. Sie erinnern einen an das große Ziel und zeigen, dass es Personen gibt, die deine „Vision“ kaufen und daran glauben. Auch, wenn es manchmal nicht ganz so schnell voran geht, sieht man wie es immer mehr wird und man näher ans Ziel kommt die Welt zu retten, Wrap für Wrap.

Wrap für Wrap die Welt retten

WU Blog: Würden Sie es bei der Firmengründung heute noch genauso wie damals machen?

Ertl: Ich glaube, wir wären heute nicht wo wir sind, wären wir damals nicht so gewesen wie wir waren. Deswegen ist so eine Frage immer schwierig. Im Nachhinein betrachtet, haben viele damals scheinbar unnötige Arbeiten dazu geführt, dass heute große Projekte möglich waren. Unseren Partner, Chefkoch und große Liebe David, haben wir durch das Food Revolution Event kennengelernt, obwohl es damals so schien, als ob es die Wrapstars Idee nicht voranbringt. Natürlich sind wir heute viel schlauer, arbeiten effizienter und treffen bessere Entscheidungen. Das alles nur, weil wir viele Fehler machen konnten und aus ihnen gelernt haben. Deswegen würde ich sagen nein, ich würde nichts anders machen… außer vielleicht vorher noch ein Jahr lang auf Weltreise gehen, bevor ich mich für Wrapstars knechten lasse =)

WU Blog: Mittlerweile haben Sie ja auch eine Gemeinschaftsküche im 10. Bezirk gegründet – ist es nicht ein Risiko, neben dem Kerngeschäft ein weiteres Geschäftsfeld aufzumachen?

Ertl: Durch unsere Erfahrung konnten wir das Projekt sehr schnell umsetzen und das Risiko durch unsere Kredibiltät und Partnerschaften relativ gering halten. Nach sechs Monaten war die Küche von 0 auf 100 bereit. Jetzt haben wir seit 1. August offen, sind bereits komplett ausgebucht und planen einen Ausbau, um Kapazitäten für die weiteren Anfragen zu schaffen. Wir liegen 3 Jahre vor dem Umsatzplan. Natürlich war es ein Risiko, aber das ist Teil vom Unternehmertum. Man sieht eine Chance und analysiert diese bzw. schätzt das Risiko und was man dabei gewinnen kann ab. Am Ende entscheidet aber einfach das Bauchgefühl. Das muss man einfach so machen, weil man wird nie alle nötigen Information haben. Wenn wir was gelernt haben, dann ist es: „Einfach machen und später Sorry sagen.“

Allgemein gesehen macht es viel Sinn diese Küche zu machen, da Wrapstars ständig wächst und eine Infrastruktur braucht. Wieso also nicht diese Infrastruktur mit anderen Firmen teilen, welche ähnliche Ziele und eine ähnliche Kultur haben? Somit kann man nicht nur effizienter kochen, sondern gleich das eigene Netzwerk erweitern und von anderen Betrieben in ähnlichen Situationen lernen. Die Synergieeffekte sind sehr groß und Wrapstars profitiert stark von herd.

WU Blog: Was würden Sie jungen WU AbsolventInnen heute raten, wenn Sie diese nach ihren 3 besten Tipps für JungunternehmerInnen fragen würden?

Ertl: Wartet nicht auf DIE Idee. Es gibt nicht die eine Idee. Wrapstars ist keine gute Idee. Herd ist eine bessere Idee, aber es haben uns genug Leute davon abgeraten. Idee = 1%. Umsetzung = 99% und entscheidet, ob etwas erfolgreich wird oder nicht. Deswegen braucht man ein gutes Team und man muss bereit sein mit diesem Team für die Idee zu leiden.

Dies bringt mich auch zum 2. Punkt. Sacrifying for the unkown. Am Ende des Tages entscheiden nicht die großen Momente, sondern der Alltag und die Details, ob man es schafft oder nicht. Man muss seine Arbeit jeden Tag so gut man kann leisten, Stück für Stück seine Spuren in den Steinmeißeln, ohne unbedingt schon zu sehen wie das Endergebnis aussehen wird. Manchmal läuft es nicht optimal, aber nach 5 Jahren sieht man bereits wie die Statue Form annimmt und sie sieht viel schöner aus als man es gedacht hätte. Man muss diesen „Grind“ einfach leben und lieben. Tag für Tag und am besten gleich heute damit beginnen, weil es gibt hierfür keine Abkürzungen oder Tricks die es vereinfachen. Man muss die Zeit einfach absitzen, alles andere ist Glück.

Der letzte Tipp ist „Just fuckin do it“. Das schließt auch an die vorigen zwei Punkte an. Es gibt nicht den Moment, die Idee oder das Wissen, welches dir sagt: „Ok, es ist soweit. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt zu gründen“. Man muss einfach jetzt beginnen, ins kalte Wasser springen und anfangen irgendwas zu machen. Wenn wir unseren Werdegang ansehen, dann hat jedes damals noch so unzusammenhängende Projekte heute einen klaren, wertvollen Teil zum große Ganzen beigetragen und war essentiell für den heutigen Erfolg.

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