Researcher of the Month: Gerhard Speckbacher
Warum haben Sie sich für eine berufliche Laufbahn in der Forschung entschieden?
Ich war schon als Kind sehr neugierig und hatte ein Problem mit Lehrern, die gesagt haben: „das ist halt so!“ Aber ich habe nie geplant, Professor zu werden. Nach der Promotion bin ich noch ein paar Jahre in der Wissenschaft geblieben, weil mir die Forschung sehr viel Spaß gemacht hat. Dann habe ich über einen früheren Kollegen ein Angebot im Investmentbanking bekommen und fast zeitgleich und recht unerwartet ein Angebot auf eine Professur. Das war dann eine reine Bauchentscheidung. Obwohl mich Investmentbanking sehr gereizt hat, weil es ein unglaublich dynamischer Bereich war, in dem man sehr viel lernen konnte, weiß ich heute, dass ich kein guter Investmentbanker geworden wäre.
Was ist das schönste an Ihrem Beruf?
Die enorme Vielfalt. Forscher sind Künstler und Kreative, Kosmopoliten, die auf der ganzen Welt auf Konferenzen und Workshops Ideen austauschen, Schriftsteller und unabhängige Fachexperten. Ich finde aber auch wichtig, dass man neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Ideen in der Lehre und in Praxiskooperationen diskutiert und anwendet, um nicht von der Realität abgehoben an selbst erfundenen Problemen zu forschen. Seit ich Professor bin, kann ich mich nicht erinnern, einmal in der Früh aufgestanden zu sein und mich nicht auf die Arbeit gefreut zu haben. In der Schulzeit und bei einigen früheren beruflichen Erfahrungen war das anders…
Sie beschäftigen sich mit dem Themenbereich Unternehmensführung und führen auch selbst – was sehen Sie als zentrale Elemente Ihres Führungsstils?
Als Departmentvorstand sehe ich mich als Moderator, der verantwortlich ist, dass die Rahmenbedingungen passen, damit alle Institute unseres Departments ihre spezifische Expertise unternehmerisch für den gemeinsamen Erfolg in Forschung und Lehre entwickeln und einsetzen können. Ich halte die Freiheit von Forschung und Lehre der Professor/inn/en für ein hohes Gut und daher treffen wir alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam. Das funktioniert erstaunlich effizient. Führung wie in Unternehmen gibt es im wissenschaftlichen Bereich eigentlich nur zwischen den Professor/inn/en und deren Mitarbeiter/inne/n. Als Institutsvorstand versuche ich gegenüber meinen Mitarbeiter/inne/n zuallererst Vorbild zu sein, was unsere grundlegenden Werte und Regeln betrifft, wie z.B. wertschätzender, empathischer Umgang mit Studierenden, wissenschaftliche Rigorosität, Verlässlichkeit, Loyalität und Teamgeist am Institut sowie Begeisterung für die Aufgabe. Wer diese Werte nicht teilt, ist bei uns nicht richtig. Darüber hinaus ist mir wichtig, die Unterschiede in den Persönlichkeiten von Mitarbeiter/inn/en nicht nur zu akzeptieren, sondern zu pflegen und darauf zu achten, dass sich jede/r Einzelne mit den ganz individuellen Stärken als Persönlichkeit weiterentwickelt. Gerade an einer Universität hat man als Führungskraft eine Verantwortung für die Persönlichkeitsentwicklung der Mitarbeiter/innen. Also Förderung von großer Vielfalt bei Persönlichkeit und Stärken, aber verbindlich einzuhaltende gemeinsame Grundwerte und Regeln.
Gibt es ein großes berufliches oder persönliches (Forschungs-)Ziel?
Nein, zum Glück muss man in der Forschung nur am Anfang der Karriere messbare Ziele wie etwa bestimmte Publikationspunkte erreichen. Das ist auch gut so. Jetzt genieße ich den Luxus, über Dinge forschen zu können, die mich wirklich interessieren und die ich besonders relevant finde ohne im Vorhinein definieren zu müssen, welche Ziele ich damit genau erreichen will. Natürlich will man als Forscher in den besten Zeitschriften publizieren, die von allen Fachkollegen auf der ganzen Welt gelesen werden, so dass man ein Feld mit prägen kann. Aber am Anfang der Forschung steht die Neugier herauszufinden, wie etwas funktioniert und was dann herauskommt, weiß man vorher nicht. Wenn man sein Tun in der Forschung an Forschungszielvorgaben, Publikationspunkten oder Planvorgaben aus Forschungsanträgen ausrichtet, dann ist man kein frei denkender Wissenschaftler mehr.
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