Wird der rote Teppich nun ein Stück grüner?
Wir sind Studierende des WU Masterstudiums in Marketing mit Schwerpunkt auf Modemarketing und Nachhaltigkeit und haben uns angesehen, wie schlecht es in der Modeindustrie um Nachhaltigkeit bestellt ist. Neue Innovationen im Textilbereich und Umweltkampagnen zeigen jedoch, dass es auch in der Modewelt Hoffnung für eine nachhaltigere Zukunft gibt.
Die harten Fakten zur fehlenden Nachhaltigkeit in der Modeindustrie
Viele Menschen halten die Transportindustrie für die umweltschädlichste Branche überhaupt. Können Sie sich einen Sektor vorstellen, der sogar noch schlechter abschneidet? Die harte Realität ist, dass die Modeindustrie für etwa 2–8 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist – das ist mehr, als die internationale Flug- und Schifffahrtsindustrie zusammengenommen.
Wenn wir uns bei Verbrauch und Entsorgung von Kleidungsstücken nicht einbremsen, werden wir bis 2030 pro Jahr schätzungsweise 150 Millionen Tonnen an Modeabfall produzieren (das entspricht einem Müllwagen pro Sekunde). In einer Branche, die weltweit fast 300 Millionen Mitarbeiter*innen beschäftigt, gibt es enorme Möglichkeiten, diese nicht nachhaltige Situation zu verbessern.
Erkenntnisse aus der WU-Lehrveranstaltung zu Mode-Marketing und Nachhaltigkeit
In unserer Master-Lehrveranstaltung zu nachhaltigem Modemarketing haben wir nicht nur diese harten Realitäten kennengelernt. Unsere Vortragende, Dr. Azra Bayraktar, zeigte auch verschiedene Möglichkeiten auf, wie sowohl Unternehmen als auch Konsument*innen zu mehr Nachhaltigkeit in der Modeindustrie beitragen können.
Außerdem hatten wir das Vergnügen, Harold Weghorst, Global Vice President of Marketing and Branding der Lenzing-Gruppe, als Gastvortragenden in einer unserer Lehrveranstaltungen zu haben. Lenzing ist ein in Österreich ansässiges Unternehmen, das unter seiner Flaggschiff-Textilmarke TENCEL Lyocell- und Modalfasern herstellt. Da Lyocell und Modalfasern auf natürliche Weise aus Holz gewonnen werden, sind diese Fasern biologisch abbaubar. Sie werden zur Herstellung von Textilien für die Mode-, Möbel- und sogar Automobilindustrie verwendet. Unter den großen Modemarken, die mit TENCEL zusammenarbeiten, finden sich Namen wie H&M, Levis oder Patagonia.
Herr Weghorst war mitverantwortlich für die Einführung der neuen TENCEL-Markenstrategie im Jahr 2018, wodurch sich der Bekanntheitsgrad der Marke von 17 % auf beachtliche 35 % im Jahr 2021 verdoppelte. Mit einem Fokus auf die „Triple-Bottom-Line“ und Kreislaufwirtschaft stellen die nachhaltigen Innovationen von Lenzing wichtige Schritte auf dem Weg hin zu einer umweltfreundlicheren Textilbranche dar.
Bei den Oscars färbt sich der rote Teppich grün: Die TENCEL-Partnerschaft von Lenzing und RCGD
Lenzing trägt zu den UN-Nachhaltigkeitszielen bei, indem das Unternehmen das Bewusstsein für die Vorteile der Tencel-Faser stärkt. Eines der relevanten Nachhaltigkeitsziele ist dabei die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung. Herr Weghorst unterstrich, dass man die Branche nicht im Alleingang verändern kann.
Dies ist einer der Gründe, warum TENCEL mit der NGO „Red Carpet Green Dress“ zusammenarbeitet, um umweltfreundliche Outfits für die Academy Awards (besser bekannt als „die Oscars“) zu designen. Zwei Jahre in Folge haben sich TENCEL und RCGD nun schon zusammengetan, um bei einem der bekanntesten Galaevents der Welt am roten Teppich nachhaltige Lösungen zu präsentieren.
Letztes Jahr stellte Marlee Matlin, eine der Präsentatorinnen, bei der Oscarverleihung 2021 ihr Öko-Couture-Kleid zur Schau, gefertigt aus dem Stoff TENCEL Luxe. Diese Zusammenarbeit hat nicht nur die Bedeutung nachhaltiger Mode ins Rampenlicht gerückt, sondern auch aufgezeigt, was Öko-Couture alles leisten kann. Es ist zu hoffen, dass dieses Vorbild andere Designer inspirieren wird, ebenfalls nachhaltige Kleidungsstücke zu entwerfen, die der umweltschädlichen Konkurrenz visuell in nichts nachstehen.
Was können wir als Modekonsument*innen verändern?
Nachhaltige Mode ist auch jenseits des roten Teppichs ein äußerst wichtiges Thema. Als Verbraucher*innen haben wir einen der effektivsten Hebel in der Hand, um die Modebranche in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu verändern. Wir sind uns jedoch bewusst, dass nicht alle Modekonsument*innen wissen, wo sie damit beginnen sollen. Deshalb haben wir drei einfache Schritte aufgelistet, die Modefans für mehr Nachhaltigkeit setzen können:
- Versuchen Sie, verantwortungsvoller und bewusster einzukaufen. Die Menschen kaufen heute 3-4 Mal mehr als früher.
- Entscheiden Sie sich beim Kauf für Kleidung aus biologisch abbaubaren Stoffen wie Lyocell, Baumwolle, Seide oder Wolle und nicht für weniger nachhaltige, synthetische Alternativen.
- Spenden Sie nicht mehr benötigte Kleidung, verkaufen Sie sie oder verwerten Sie sie weiter – werfen Sie sie nicht einfach weg! 80 % der Kleidung, die wir nicht mehr tragen, landet auf der Mülldeponie.
Wenn wir gemeinsam einige dieser kleinen Schritte setzen, können wir viel bewegen und eine Bewegung für mehr Nachhaltigkeit in der Modewelt starten.
Über die Autor*innen:
Julianne Schimp kommt aus Boston, Massachusetts, und ist derzeit im zweiten Jahr des Masterstudiums in Marketing an der WU. Bevor sie nach Wien zog, arbeitete sie Vollzeit bei einem „Fortune 100“-Handelsunternehmen in den USA. Sie möchte ihre Leidenschaft für den Handel und ihre bisherigen Erfahrungen in der Branche mit dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit verbinden.
Giovanni Pontorno kommt aus Mailand, Italien, und befindet sich derzeit im zweiten Jahr des Double-Degree-Masterstudiums in Marketing an der Universität Bocconi und der WU. Vor dem Masterprogramm absolvierte er ein Bachelorstudium an der Katholischen Universität in Mailand, ein Austauschprogramm an der State University of New York in den USA und eine Sommeruniversität an der Beijing Language and Culture University in China. Derzeit arbeitet er als Produktmanager in einem Fintech-Unternehmen in Mailand.