„Wenn es im Ausland Berufsperspektiven gibt, beschränkt euch nicht auf euer Heimatland.“
Studierenden ist es heutzutage möglich, die eigene Studienzeit global und international zu gestalten. Neben dem Plus am Lebenslauf bereichert Internationalität ebenso die eigene Sichtweise und ist als Qualifikation in der Berufswelt gerne gesehen. Im Gespräch mit dem WU Blog erzählt uns CEMS-Absolventin Hsin Chen von ihrer Studienzeit und ihren Berufsplänen. Sie verrät unter anderem, was ein „globales Mindset“ ausmacht und welche Tipps für internationale Studierende zum Berufseinstieg gut zu gebrauchen sind.
WU Blog: Hsin, du hast dein Austauschsemester hier an der WU absolviert. Wie bist du auf die WU gestoßen und was war deine Motivation, diesen Austausch zu verfolgen?
Hsin Chen: Ich bin in Taiwan aufgewachsen und ging nach Hongkong, um meinen Bachelor-Abschluss zu machen. Schon früh im Studium habe ich beschlossen, dass ich einen ganzjährigen Austausch machen möchte. Dafür gab es hauptsächlich zwei Gründe: Ich mag neue Abenteuer, und ich brauchte eine Pause vom stressigen Leben in Hongkong. Als ich mich für einen Austausch entschied, waren meine Hauptkriterien ein Land, in dem ich noch nie war, eine Kultur, von der ich nicht viel weiß, in der Englisch nicht die Landessprache ist, und das Kursangebot der Universität. Die WU war eine der wenigen Partneruniversitäten, die einen ganzjährigen Austausch angeboten hat und viele Kurse waren anerkennbar.
WU Blog: Nach deinem Bachelor-Studium hast du dich dazu entschlossen, nach Wien zurückzukehren und ein Master in International Management/CEMS zu beginnen. Welche Umstände und persönlichen Erfahrungen haben dich dazu bewegt?
Hsin Chen: Dafür gab es vier Beweggründe. Meiner persönlichen Erfahrung nach ist es etwas Anderes, in einem Land zu leben als z.B. Touristin zu sein. Da ich während meines Austauschs ein Drittel der Zeit unterwegs war, hatte ich das Gefühl, Österreich nicht auf einer tieferen Ebene kennengelernt zu haben. Zweitens ist es ein großer Aufwand, in ein neues Land zu ziehen. Weil ich in Wien weiterstudiert habe, konnte ich mir den Aufwand sparen, mich um administrative Dinge zu kümmern und mich auf die Dinge konzentrieren, an denen ich lieber arbeite. Der dritte Grund war wohl das CEMS-Programm mit der Möglichkeit zum Austausch und zur Teilnahme an Konferenzen an WU Partneruniversitäten. Wien als Basis zu nutzen und in andere europäische Länder zu reisen, war dabei eine komfortable Lösung. Der letzte Grund war rein subjektiv: Ich bevorzuge den österreichisch-deutschen Akzent und wollte meine Deutschkenntnisse in Österreich stärken.
Auch wenn ich mich noch auf meiner Lernreise befinde, hilft mir diese Denkweise, mich neu zu fokussieren, ein Thema aus möglichst vielen Blickwinkeln zu betrachten, ein aufgeschlossener Mensch zu sein und Empathie zu haben.
WU Blog: Als WU Studierende, Incoming- und Outgoing-Studierende hast du definitiv ein “globales Mindset”. Wie hilft dir diese Einstellung für deine Karriere oder eine Karriere im Allgemeinen?
Hsin Chen: Meiner Meinung nach hilft es nicht, einfach nur viele Länder zu besuchen, um eine internationale Perspektive zu kultivieren. Vielmehr muss man dies bewusst tun. Die Nachrichten und sozialen Medien werden von Trendthemen dominiert, meist aus der Perspektive großer Länder, bekannter Unternehmen und berühmter Personen. Wahre Internationalität sollte jedoch ein Verständnis für große wie auch kleine Themen beinhalten und sowohl den Privilegierten als auch den Minderbegünstigten Aufmerksamkeit schenken.
Auch wenn ich mich noch auf meiner Lernreise befinde, hilft mir diese Denkweise, mich neu zu fokussieren, ein Thema aus möglichst vielen Blickwinkeln zu betrachten, ein aufgeschlossener Mensch zu sein und Empathie zu haben.
WU Blog: Auf der Suche nach einem Praktikum oder einem Job: Welche Herausforderungen siehst du als international Studierende? Hast du Tipps und Gedanken, die du mit weiteren WU Studierenden teilen möchtest?
Hsin Chen: Als Drittstaatenangehörige ist das österreichische Recht leider recht unfreundlich zu uns und auch der Zugang zum Arbeitsmarkt ist begrenzt. Für Berufserfahrene wäre es sicherlich einfacher. Mein Vorschlag für Drittstaatenangehörige: Versucht, einen Job mit bis zu 20 Stunden pro Woche zu finden. Für diese Jobs benötigen Studierende aus sogenannten Drittstaaten keine Arbeitsmarktprüfung. Das ist administrativ einfacher als ein Vollzeit-Praktikum und es besteht oft die Chance, nach Studienabschluss einen Vollzeit-Job daraus zu machen.
Es kann eine Herausforderung sein, einen Job zu bekommen und sich an eine neue Umgebung anzupassen; wenn man es jedoch schafft, sind die neuen Erfahrungen die Mühe wert, auch wenn man die Vorteile nicht sofort sieht.
Für internationale Studierende im Allgemeinen wäre mein Vorschlag: Nutzt die Gelegenheit, etwas Deutsch zu lernen und habt keine Angst, es zu sprechen. Deutsche Sprachkenntnisse sind vielleicht kein entscheidender Faktor, aber für den Berufseinstieg in Österreich von Vorteil. Wenn es im Ausland Berufsperspektiven gibt, beschränkt euch nicht auf euer Heimatland. Es kann eine Herausforderung sein, einen Job zu bekommen und sich an eine neue Umgebung anzupassen; wenn man es jedoch schafft, sind die neuen Erfahrungen die Mühe wert, auch wenn man die Vorteile nicht sofort sieht.
WU Blog: Fühlst du dich durch die Services an der WU gut unterstützt? Gibt es etwas das du ändern oder ergänzen würdest?
Hsin Chen: Das International Office an der WU und das Büro meines Programms waren sehr hilfsbereit. Es gab immer eine Anlaufstelle, die wusste, was zu tun ist. Nach einem Gespräch mit anderen Studierenden aus sogenannten Drittstaaten kamen wir zu dem Schluss, dass wir uns mehr praktische Unterstützung bei der Suche nach einem Praktikum oder einem Job wünschen würden. Vielleicht könnte es Vereinbarungen mit einzelnen Unternehmen geben – so hätten die Studierenden die Chance, die Praktikumsverpflichtung zu erfüllen und ein fremdes Arbeitsumfeld zu erleben. Wenn mehr Unterstützung für Drittstaatenangehörige bei der Jobsuche gegeben wird, könnte die WU zu einer noch beliebteren Wahl unter Studierenden aus sogenannten Drittstaaten werden.
WU Blog: Du hast vor kurzem dein Master in International Management/CEMS abgeschlossen. Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Hsin Chen: Ich bin derzeit auf der Suche nach einem Job – hoffentlich in einem dynamischen internationalen Unternehmen mit der Möglichkeit zu reisen und umzuziehen. Die Opportunitätskosten für Umzüge und Entdeckungstouren sind für junge Leute relativ gering, warum also nicht sich selbst herausfordern?