Zusammenhalten – und der Krise trotzen
„Neighbourly Vienna“ – also „Nachbarschaftliches Wien“ – lautet der Name der generationenübergreifenden Initiative, die CEMS-Student Clemens Brandstätter gemeinsam mit seinem Freund Alexander Manz-Varga (IBWL WU Alumni) in diesem Frühjahr gegründet hat. Worum es geht? Über soziale Medien, E-Mail und Telefon wurden und werden hilfsbereite, gesunde Wiener/innen mit Personen aus der Risikogruppe vernetzt, um Letztere bei alltäglichen Erledigungen zu unterstützen. Wir haben die beiden sozial engagierten Studenten für den WU Blog um ein Interview gebeten.
WU Blog: Ihr habt zu zweit kurz nach dem Beginn des „Lockdowns“ Ende März die Inititative „Neighbourly Vienna“ gegründet, bei der junge Menschen mit Corona-Risikogruppenangehörigen vernetzt werden, um für sie Einkäufe zu erledigen. Nun, nach dem Ende des Lockdowns – wie fällt eure Bilanz aus?
Clemens: Innerhalb weniger Tage konnten wir sehr viele hilfsbereite Studierende mit unserer Initiative erreichen. Während des Projektes blieb die Anzahl der ehrenamtlich tätigen Helfenden relativ stabil bei über 100 Personen. Wir konnten gemeinsam durchschnittlich 5 bis 10 Einkäufe am Tag erledigen und damit mehrere hundert Personen unterstützen.
WU Blog: Gab es „Nachahmer“-Initiativen?
Alexander: Initiativen, bei denen ehrenamtlich eingekauft wurde, haben wir so direkt nicht mitbekommen. Wir haben jedoch beim Aufhängen unserer Flyer einige Angebote gesehen, bei denen Einkäufe in Supermärkten oder Apotheken entgeltlich erledigt wurden. Unsere Flyer haben wir natürlich direkt daneben gehängt!
„Uns ist sehr schnell bewusst geworden, dass Solidarität und Zusammenhalt in Krisenzeiten groß geschrieben wird.“
WU Blog: Was war ein besonders schöner Moment während der Iniative?
Clemens: Einmal hatten wir einen Anruf von einem älteren Herrn, der sehr viele schwerwiegende Vorerkrankungen hatte und damit ausgesprochen gefährdet war. Jener Mann war bereits über drei Wochen nur in seiner Wohnung und ertrug es nach einer Zeit verständlicherweise nicht mehr. Er wollte daher nur eine Runde um den Gebäudekomplex gehen. Er rief bereits viele andere Organisationen an, um lediglich eine Maske zu bekommen (damals waren Masken ja Mangelware).
Jedoch ohne Erfolg. Schlussendlich rief er bei uns an, ob wir ihm dabei helfen könnten. Als wir in unserem Helfernetzwerk danach fragten, ob jemand eine freie Maske hätte, hat eine Helfende sogar ihre neue FFP2 Maske angeboten. Am nächsten Tag wurde die Maske übergeben. Jene Freude, die dieser Mann hatte, war unvergleichbar.
WU Blog: Wie geht es nach dem Ende des Lockdowns mit der Initative weiter?
Alexander: Derzeit erhalten wir nur mehr vereinzelt Anrufe von Personen der Risikogruppe, die wir natürlich noch erledigen. Sofern es zu einer zweiten Welle und damit zu ähnlichen Maßnahmen kommt, werden wir die Aktivität wieder hochfahren. Weitere Ideen oder Nachfolgeprojekte haben wir momentan nicht geplant, schließen wir aber jedenfalls auch nicht aus.
WU Blog: Was habt ihr persönlich aus den Erfahrungen mit der Initative mitnehmen können?
Alexander: Uns ist sehr schnell bewusst geworden, dass Solidarität und Zusammenhalt in Krisenzeiten groß geschrieben wird. Es war wirklich schön zu sehen, wie viele Helferinnen und Helfer sich bei uns meldeten, um Personen der Risikogruppe zu unterstützen. Weiters haben wir natürlich auch die organisatorische Komponente für uns mitnehmen können. Wir erarbeiteten einen strukturierten Ablauf zum Aufnehmen, Verteilen und Überwachen von Einkäufen mittels webbasierter Unterstützung, sodass die Zuteilung und Einschulung von den ehrenamtlichen Helfer/inne/n möglichst reibungslos abliefen.
„Es war wirklich schön zu sehen, wie viele Helferinnen und Helfer sich bei uns meldeten, um Personen der Risikogruppe zu unterstützen“
WU Blog: Hast du vor, nach deinem CEMS-Abschluss etwas in Richtung Soziales Engagement zu machen? Wie geht’s für dich weiter?
Clemens: Ich möchte die Zeit nach dem CEMS noch nutzen, um weitere Kulturen und Personen aus aller Welt kennen zu lernen. Danach werde ich voraussichtlich bei einer größeren Firma beginnen, bei der ich mich jedoch auch nebenher sozial engagieren kann und werde. Und wer weiß, was die Zukunft noch bringt…