„Ich wollte dort sein, wo man etwas fortentwickeln, gestalten, verändern kann.“
Die Auszeichnung „WU Manager des Jahres“ geht in diesem Jahr an Max Hollein. Der Kulturmanager leitet seit 2018 das Metropolitan Museum of Art (Met) in New York, eines der bedeutendsten Museen der Welt. Die Karriere des WU Alumnus zeigt auf beeindruckende Weise, wie stark Wirtschaft und Kunst verflochten sein können. Die virtuelle Übergabe findet am Donnerstag, dem 28. Mai 2020 um 15:00 Uhr auf dem YouTube-Channel der WU statt.
Max Hollein hat vorab einige unserer Fragen beantwortet. Die vollständige Version des Interviews erschien im WU Magazin zum Thema „Kunst & Kultur“ (als Beilage zur Tageszeitung „Die Presse“).
WU Magazin: Welchen Stellenwert hat für Sie die Auszeichnung zum „WU Manager des Jahres“?
Max Hollein: Es ist eine ehrenvolle Auszeichnung, die schöne Erinnerungen an meine Studienzeit wachruft. Und es erfüllt mich mit Freude, mit der Wirtschaftsuniversität Wien weiter so verbunden zu sein und diese Form von Anerkennung zu erfahren.
WU Magazin: Welche Bilanz ziehen Sie über Ihre bisherige Zeit als Direktor des Metropolitan Museum of Art?
Max Hollein: Es ist zu früh, Bilanz zu ziehen. Im Grunde ziehe ich nie Bilanz. Ich bin seit dem Ende meiner beiden Studien in Wien im Museumsbereich tätig und seit 20 Jahren habe ich als Direktor Museen geleitet. Was ich insbesondere dabei erlebt habe, ist, dass bei allem strategischen Vorgehen jeder Tag erfüllt ist mit neuen, interessanten Begegnungen, komplexen Projekten und überraschenden Weichenstellungen. Museen sind einerseits per Definition konservative Einrichtungen und andererseits neuralgische kulturelle Zentren inmitten eines sich fortwährend wandelnden Verständnisses ihrer Vermittlungsrolle in und für die Gesellschaft.
„Jede Aufgabe stellt besondere Herausforderungen.“
WU Magazin: Vor welchen Aufgaben steht das Met gegenwärtig?
Max Hollein: Das Metropolitan Museum of Art ist eines der großen enzyklopädischen Museen der Welt. Im Grunde ist diese Institution Museum, Universität und kulturelles Außenministerium in einem. Wir haben nicht nur rund sieben Millionen BesucherInnen im Jahr, sondern sind weltweit mit zahlreichen Initiativen aktiv. Unter unseren rund 2.400 Mitarbeiter/innen befindet sich die größte Konzentration von kunsthistorischem Wissen in den USA. Wir sind derzeit mit mehreren großen Bauprojekten beschäftigt – insgesamt wird die Institution in den nächsten zehn bis zwölf Jahren rund eine Milliarde US-Dollar in die Neugestaltung von Galerieräumen investieren, darunter die Neupräsentation unserer Sammlungen in vielen Bereichen. Die Ausweitung unserer digitalen Vermittlungsebenen und die klarere Definition unserer Rolle im internationalen Kontext ist ebenfalls ein Schwerpunkt. Nebenbei entwickeln und präsentieren wir rund 50 Ausstellungen im Jahr und sind fortwährend dabei, unsere zahlreichen Sammlungen weiter auszubauen.
WU Magazin: In Ihrer Karriere leiteten Sie schon zahlreiche große Museen. Welche Aufgabe hat Sie bisher am meisten gefordert?
Max Hollein: Jede Aufgabe stellt besondere Herausforderungen. Ich muss zugeben, dass ich diese stets bewusst gesucht habe. Mich haben nie die Institutionen interessiert, wo alles vermeintlich bestens läuft, sondern vielmehr wollte ich dort sein, wo man etwas fortentwickeln, gestalten, verändern kann. Das ist im Museumsbereich nicht selbstverständlich. Die größte Herausforderung war wohl meine erste Direktion – als ich als 31-Jähriger die Schirn Kunsthalle in Frankfurt übernommen habe und sowohl die Medien sehr negativ auf meine Ankunft reagiert haben als auch die Institution im Grunde kurz vor der Schließung stand. Es war eine Mischung aus Unerfahrenheit, Selbstbewusstsein und Energie, die mir dabei geholfen hat, die Hürden zu überwinden.
„Ich sehe meine Aufgabe darin, die besten Bedingungen für die Entwicklung, Erhaltung, Präsentation und Vermittlung von Kunst zu schaffen.“
WU Magazin: Worin besteht für Sie die größte Aufgabe in der Kombination aus Kunst und Management?
Max Hollein: Ich sehe meine Aufgabe darin, die besten Bedingungen für die Entwicklung, Erhaltung, Präsentation und Vermittlung von Kunst zu schaffen. Es ist dabei sicher gut, wenn man nicht nur ein tiefes Verständnis und eine Begeisterung für Kunst hat, sondern selbst eine kreative Ader besitzt.
WU Magazin: Sie leiteten Museen in Europa und den USA: Worin besteht der große Unterschied in der Szene zwischen diesen beiden Kulturen?
Max Hollein: Es gibt natürlich viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Aber amerikanische Museen sind mit Ausnahme der Smithsonian-Institutionen in Washington keine Organisationen, die von der öffentlichen Hand finanziert werden, sondern sie sind rein auf private Unterstützung angewiesen. Das Mäzenatentum ist die Basis der fortwährenden Entwicklung der musealen Infrastruktur in den USA.
WU Magazin: Wie würden Sie den Stellenwert der Kunst angesichts der aktuellen politischen Lage in den USA bezeichnen?
Max Hollein: Kunst hat keine Aufgabe und hat auch keine Rolle zu spielen, aber sie hat natürlich das Potenzial, einen Diskurs auf einer anderen, reflektierten Ebene zu führen als auch die Möglichkeit, ein brückenschlagendes, gemeinschaftliches Erlebnis zu erzeugen. Das ist in Zeiten der Polarisation und des aufkeimenden Nationalismus von besonderer Bedeutung.
Zur Person
- Max Hollein wurde am 7. Juli 1969 in Wien geboren
- Er studierte Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und zusätzlich Kunstgeschichte an der Universität Wien.
- Karriere-Stationen: 2001 Direktor der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main, ab 2006 zusätzlich Direktor des Städel Museums und des Liebieghauses, 2016 Leitung der Fine Arts Museums of San Francisco
- Seit 2018 leitet Hollein das Metropolitan Museum of Art (Met) in New York
Übergabe der Auszeichnung
- virtuelle Übergabe durch Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger an Max Hollein
- Donnerstag, 25. Mai 2020
- 15:00 Uhr
- zu sehen am YouTube-Channel der WU
WU Manager des Jahres
- Der Titel „WU ManagerIn des Jahres“ wird Persönlichkeiten verliehen, die sich durch vorbildhaftes Wirken innerhalb und außerhalb ihres Unternehmens auszeichnen. Mit der jährlichen Auszeichnung unterstreicht die WU ihre traditionell gute Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis.
- Bisherige Preisträger sind unter anderem Anette Klinger, Hikmet Ersek oder Margarete Schramböck.