Ein Auslandssemester vom eigenen Schreibtisch aus
Wer ein Auslandssemester absolviert, sammelt normalerweise nicht nur für den Studienfortschritt relevante ECTS-Punkte, sondern schließt internationale Freundschaften und bringt viele neue Eindrücke aus einem fremden Land mit. Für jene Studierenden, die geplant hatten, das im Sommersemester 2020 an einer Partneruniversität zu verbringen, verlief jedoch alles anders: Sie mussten ihren Auslandsaufenthalt kurzfristig abbrechen, nach Hause zurückkehren und die Lehrinhalte der Partneruniversität online absolvieren. Carlos und Angela sind zwei Betroffene, die auf ein Auslandssemester zurückblicken, das es so in dieser Form vorher noch nie gab: Nämlich ein Auslandsemester vom eigenen Schreibtisch aus.
Carlos Antonio Briceño Johannsen studiert an der Pontificia Universidad Católica de Chile). Als MBA-Student kam er im Februar nach Wien und hatte geplant, das Sommersemester 2020 als Student an der WU zu verbringen – bis die Covid-19-Pandemie ihm einen Strich durch die Rechnung machte.
WU Blog: Wie fühlt es sich für dich an das Auslandssemester nun nicht mehr vom Campus WU aus zu absolvieren?
Carlos Antonio Briceño Johannsen: Ein Semester im Ausland zu verbringen, ist eine der aufregendsten Erfahrungen, die man machen kann. Da ich in Chile arbeite und gleichzeitig in einem Masterprogramm studiere, habe ich mich viel vorbereitet, um eine Erlaubnis zu bekommen, dass ich für ein Semester ins Ausland gehen kann ohne zu arbeiten. Trotz der momentanen Situation geht das Semester weiter und ich habe mich dazu entschieden, nach Chile zurückzukehren und von zu Hause aus weiter zu studieren. Es ist eine herausfordernde Situation und gleichzeitig auch wirklich verrückt wegen der sechs Stunden Zeitunterschied, die Chile mit Wien hat. Ich muss um 2 Uhr in der Früh aufstehen, um bei einem Zoom-Meeting dabei zu sein und ein Seminar zu besuchen.
„Ich habe das Monat, das ich in Wien verbracht habe, wirklich genossen – ich habe viele Museen besucht, war in Schönbrunn und bin einfach durch die Stadt spaziert.“
WU Blog: Wie siehst du rückblickend die Zeit, die du in Wien verbracht hast? Hattest du Gelegenheit, die Stadt kennen zu lernen?
Carlos Antonio Briceño Johannsen: Als ich im Februar an die WU angekommen bin, war ich komplett überrascht und begeistert von dem Campus, der guten Umwelt und natürlich von der Stadt. Ich habe das Monat, das ich in Wien verbracht habe, wirklich genossen – ich habe viele Museen besucht, war in Schönbrunn und bin einfach durch die Stadt spaziert.
WU Blog: Wie ist es dir mit der Umstellung auf die Onlinekurse an der WU bisher ergangen?
Carlos Antonio Briceño Johannsen: Distanzlehre ist nicht so schlimm. Ich habe erkannt, dass man auf eine andere Art lernen kann als wir es gewohnt sind. Die Technologie macht es möglich, dass Leute sich verbinden, in Teams zusammenarbeiten, Präsentationen halten und miteinander auf einem virtuellen Weg interagieren. Ich bin überzeugt, dass Distanzlehre nach der Corona-Krise eine konkurrenzfähige Alternative sein wird, um von daheim zu studieren und zu arbeiten. Ich denke, dass viele Universitäten und Unternehmen jetzt erkannt haben, dass Distanzlehre oder Home Office eine gute Lösung für viele Probleme sein können. Ich denke, wir haben uns in diesem Bereich um viele Jahre weiterentwickelt.
„Ich bin überzeugt, dass Distanzlehre nach der Corona-Krise eine konkurrenzfähige Alternative sein wird, um von daheim zu studieren und zu arbeiten.“
WU Blog: Welches positive Erlebnis wird dir aus dieser Zeit in Erinnerung bleiben?
Carlos Antonio Briceño Johannsen: Ich vermisse es, mir nach dem Unterricht mit neuen Freunden ein Bier oder ein Schnitzel am Campus zu teilen, aber wir werden in Zukunft Zeit haben, um das zu machen. Im Zuge einer weiteren Auslandserfahrung, hoffentlich. Ich schätze es enorm, dass die WU so schnell reagiert hat und alle Kurse mit einer proaktiven Einstellung auf Distanzlehre umgestellt hat. Wir geben alle unser Bestes, um daraus, trotz der Krise, eine gute Erfahrung zu machen.
Angela Lintner studiert aktuell im WU Masterprogramm Wirtschaftsrecht und hatte geplant, im Frühjahr 2020 ein Auslandssemester an der LUISS Guido Carli in Rom zu absolvieren. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie war sie gezwungen, ihr Auslandssemester in Italien abzubrechen und die Kurse online von zuhause aus zu absolvieren.
WU Blog: Wie fühlt es sich für dich an das Auslandssemester nun von Wien aus zu absolvieren?
Angela Lintner: Mein Austausch in Rom begann genau, wie ich es mir vorgestellt habe: eine beindruckende Universität, eine neue akademische Herausforderung in einem anderen Land in einer wunderschönen Stadt und ein kultureller Austausch mit anderen Studierenden anderer Nationen. Die notwendige Heimreise fiel mir schwer und hat mich definitiv vor neue emotionale und akademische Herausforderungen als Austauschstudentin gestellt. Es fühlt sich komisch an mein „Auslandssemester“ nun von meinem Zimmer aus zu absolvieren.
WU Blog: Wie ist es dir mit der Umstellung auf die Onlinekurse an der Partneruniversität bisher ergangen?
Angela Lintner: Mir bleibt, dank der ausgesprochen schnellen und professionellen Umstellung auf Onlinekurse von LUISS Guido Carli, die Erfahrung in einem anderen universitären Umfeld zu studieren. Begeistert bin ich auch von den Professoren der LUISS, die sich wirklich um die Austauschstudierenden bemühen.
„Es fühlt sich komisch an mein „Auslandssemester“ nun von meinem Zimmer aus zu absolvieren.“
WU Blog: Welches positive Erlebnis wird dir aus dieser Zeit in Erinnerung bleiben?
Angela Lintner: Ich konnte viel lernen, angefangen vom Bewältigen und Einstellen auf neue Situationen bis hin zu Selbstdisziplin und Konzentrationsfähigkeit. Auch wenn ich nicht die Erfahrungen machen konnte, die ich mir anfangs vorgestellt habe, bin ich dankbar für die Zeit, die ich vor Ort hatte und die Menschen, die mich begleitet haben. Schon in der kurzen Zeit konnten wir großartige Erinnerungen schaffen.
„Ich fühle mich als hätte ich einen Trailer von Rom gesehen und bin jetzt neugierig auf den ganzen Film. Rom, wir sehen uns wieder!“
WU Blog: Wie erlebst du diese Zeit als Austauschstudierende – bist du weiterhin mit anderen Austauschstudierenden in Kontakt? Hattest du Gelegenheit, die Stadt, in der du warst kennen zu lernen?
Angela Lintner: Ich schätze insbesondere, gerade auch in den anstrengenden letzten Abreisetagen, den Zusammenhalt der Austauschstudierenden. Es gelang uns schon in den ersten Wochen tiefe Freundschaften zu gründen. Wir sind auch jetzt in Kontakt und haben füreinander ein offenes Ohr. Wenn ich noch einmal in den Jänner 2020 zurückkehren könnte, mit dem heutigen Wissensstand, wie mein Auslandssemester verlaufen würde, würde ich trotzdem genauso beginnen. Denn ich habe in der Zeit vor Ort Freundschaften fürs Leben geschlossen. Man könnte sagen, Glück im Unglück. Ich fühle mich als hätte ich einen Trailer von Rom gesehen und bin jetzt neugierig auf den ganzen Film. Rom, wir sehen uns wieder!