Stärke Deine Stärken
Gerhard Furtmüller forscht am WU Department für Management und widmet sich der Ausbildung der Studierenden im Fach Personal, Führung und Organisation. In diesem Zusammenhang begleitet er jedes Jahr Tausende junge Menschen auf ihrem Weg ins Berufsleben. Besonderes Augenmerk legt Furtmüller darauf, die Studierenden in ihrem persönlichen Wachstum zu fördern. Doch gerade im Hinblick auf die Einschätzung und Bewertung der eigenen Leistungen haben junge Menschen häufig eine verschobene Wahrnehmung. Wie man diesen Teufelskreis durchbrechen kann, berichtet der Young Science Botschafter nicht nur in einer wöchentlichen Kolumne, sondern auch am WU Blog.
Wesentlich für die Förderung des persönlichen Wachstums ist das Erkennen und die Darstellung der individuellen Potenziale, um die eigenen Ziele auch erreichen zu können. Die Kenntnis der persönlichen Stärken ist dabei die Basis für das Erreichen einer persönlichen Größe, die sich wiederum im beruflichen Vorankommen abbildet.
Tue Gutes und rede darüber
Mit diesen Themen beschäftige ich mich derzeit auch in meiner wöchentlichen Kolumne in Die Presse. In der letzten Ausgabe erzählte ich von Sophie, der Bereichsleiterin einer großen österreichischen Bank, die mir vor kurzem erzählt hat, dass sie bei Mitarbeitergesprächen regelmäßig große Unterschiede zwischen Männern und Frauen feststellt. Sie meint, dass Männer und Frauen sich bezüglich ihrer Stärken und Schwächen oft recht unterschiedlich präsentieren. Zur Veranschaulichung dieses Phänomens werde ich mich in Folge der Metapher des Pfauenkleids bedienen.
Welche Feder wählst Du?
Sophie hat die Ansicht gewonnen, dass es scheinbar für Männer leichter ist, sich von ihrer sogenannten Schokoladenseite zu präsentieren. Bei ihnen steht meist ihre Arbeit, die sie bereits vorzüglich erbracht haben, im Mittelpunkt des Gesprächs. Sie berichten mit Freude und auch Stolz darüber, wie ihnen beispielsweise die tolle Leistung bei der Einführung der neuen Software gelungen ist. Anhand dessen wird deutlich, dass Männer dazu neigen, die schönste Feder ihres Pfauenkleids zu beschreiben, indem sie ihre Stärken in den Vordergrund rücken.
Ganz anders sind Sophies Erfahrungen, wenn sie von ihren Mitarbeitergesprächen mit weiblichen Kollegen erzählt. Frauen, die in mehreren Projekten eine ausgezeichnete Arbeit geleistet haben und in nur einem Aufgabengebiet mäßig erfolgreich waren, berichten in erster Linie von ihren negativen Ergebnissen. Sie betonen damit die misslungene Arbeit. Sophie zieht daraus die ernüchternde Schlussfolgerung, dass aus diesem Umstand heraus das Pfauenkleid der Frauen häufig nicht in einem derartigen Glanz erstrahlen kann wie das bei den Männern der Fall zu sein scheint.
Mache Deine bisherige Leistung sichtbar!
Das jeweils beobachtbare Verhalten, egal ob es sich um Frauen oder Männer handelt, hat jedoch weitreichende Folgen: Personen mit guten Arbeitsleistungen werden mit Prämien oder auch einer Beförderung belohnt. Mitarbeiter, die ähnlich gut arbeiten, aber immer wieder auf ihre Fehler hinweisen, lassen dadurch ihre guten Taten in den Hintergrund treten. Daher kommen sie auch deutlich seltener in den Genuss von Beförderungen und Gehaltserhöhungen. Das ist auch das Ergebnis, zu dem Sophie kommt: „Personen, die während des Gesprächs vor allem ihre Fehler hervorheben, werden nicht honoriert. Wie auch!? Wenn die Person über sich schlecht redet, dann kann diese auch vom Unternehmen keine Belohnungen erwarten“.
Auch wenn das Understatement im privaten Leben ein angenehmer Wesenszug ist, so ist es insbesondere für Dich als Frau, aber natürlich auch als Mann für Deinen beruflichen Erfolg wichtig, dass Du über Deine guten Arbeiten reden kannst. Daher wünsche ich Dir, dass Du bereits während Deiner Ausbildung und vor allem später in Deinem Job über die Kunst „Tue Gutes und rede darüber“ verfügst.