„Freundschaften aus der Studienzeit sind etwas Besonderes!“
Am 8. Mai 2019 wird Anette Klinger, Geschäftsführerin der IFN Beteiligungs GmbH, als „WU Managerin des Jahres 2019“ ausgezeichnet. Wir haben die erfolgreiche Unternehmerin zum Interview gebeten und mit ihr über Traditionen, Netzwerke und die Bedeutung von Freundschaft gesprochen.
WU Blog: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit an der WU?
Anette Klinger: Ich habe sehr positive Erinnerungen an meine Zeit an der WU. Ich musste mich als Oberösterreicherin in meiner Familie mit meiner Idee in Wien zu studieren erst durchsetzen. Mein Vater wollte, dass ich in Linz studiere und parallel im Familienunternehmen arbeite. Ich habe noch in der „alten WU“ studiert- damals ein neues Gebäude, das aber von Beginn an zu klein für die Anzahl der Studenten war. Die WU hat das Problem kreativ gelöst. Große schriftliche Prüfungen haben in der Kurhalle Oberlaa stattgefunden. Eine Prüfung wurde sogar automatisiert korrigiert- die Ergebnisse des Multiple Choice Tests mussten wir in Lottoscheine eintragen und die wurden automatisch ausgewertet. Neben fachlichen Inhalten habe ich mir an der WU auch Improvisationsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Organisation und Resilienz angeeignet.
„Neben fachlichen Inhalten habe ich mir an der WU auch Improvisationsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Organisation und Resilienz angeeignet.“
WU Blog: Und wie gefällt Ihnen der neue Campus WU?
Anette Klinger: Die Idee eines Campus finde ich sehr attraktiv. Die Architektur ist spektakulär, repräsentativ und sehr international. Perfekt wäre sie, wenn sie stärker die Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigen würde. Die Außengestaltung des Campus ist wirklich ansprechend.
WU Blog: Haben Sie noch Freunde aus Ihrer Studienzeit an der WU?
Anette Klinger: Ich bin mit einem Studienkollegen verheiratet und habe noch Freunde aus meiner Studienzeit. Freundschaften aus der Studienzeit sind besonders wertvoll. Im Vergleich zu anderen, kleineren Unis kennt man nicht alle Studenten einer Fakultät, dafür ist das Netzwerk der WU Studenten deutlich größer. Freundschaften aus der Studienzeit sind etwas Besonderes, da steht die Person im Vordergrund und nicht die Funktion. Gute Freunde sind wichtig als emotionaler Anker, zum offenen Austausch, geben offenes und ehrliches Feedback. Kontakte und Netzwerke sind wichtig, haben aber eine andere Funktion. Kontakte aus der Studienzeit helfen beim Aufbau eines Netzwerkes.
WU Blog: Sie haben selbst zwei Kinder – würden Sie ihnen empfehlen, an der WU zu studieren?
Anette Klinger: Ja, wenn sie sich selbst für ein Wirtschaftsstudium entscheiden. Mir ist aber wichtig, dass sie ihren eigenen Talenten und Interessen nachgehen. Ich möchte ihnen keine Vorgaben machen. Meine Tochter studiert an der WU.
WU Blog: Wie hat Sie selbst die WU auf Ihr Berufsleben vorbereitet?
Anette Klinger: Sie hat mir in vielen Bereichen die fachliche, theoretische Basis gegeben. Die Vielfalt der Inhalte hat mir während des Studiums ermöglicht, meine persönlichen Interessen herauszufinden. Die Sprachausbildung war wirklich gut. Mir haben die Praktika während des Studiums geholfen Theorie und Praxis zu erleben. Das Lernen geht mit dem Einstieg ins Berufsleben weiter. Der Lernerfolg wird nur nicht mehr in Noten, sondern im Erfolg beim Umsetzen der Aufgaben gemessen.
WU Blog: Welche Fähigkeiten haben Sie an der WU erworben?
Anette Klinger: Organisation, Improvisationsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und Resilienz
WU Blog: Wie hat Ihnen die WU-Ausbildung in Ihrer späteren Karriere geholfen?
Anette Klinger: In Oberösterreich ist man mit einem WU Studium eher ein Exot, die meisten studieren Wirtschaft in Oberösterreich. Das regionale Netzwerk kann man sich aber gut aufbauen. Die internationale Ausrichtung der Ausbildung an der WU und die hohe Qualität der Sprachenausbildung haben mir am meisten geholfen.
WU Blog: Das IFN ist ein Generationenunternehmen, das bereits 1931 von Ihrem Großvater gegründet wurde: was würden Sie Ihren Großvater gerne fragen oder erzählen?
Anette Klinger: Ich würde wirklich gerne mit ihm durch die Werke gehen. Mich würde vor Allem seine Meinung zu unseren neuen Produkten und Fertigungsverfahren interessieren. Er war ein extrem innovativer und unternehmerisch denkender Mensch. Er würde wahrscheinlich ein Feuerwerk an innovativen Ideen entwickeln und viele kritische Fragen stellen.
WU Blog: Stellen Sie sich vor, alle drei bzw. vier Generationen der Familie Klinger käme an einen Tisch zusammen: wer könnte was von wem lernen?
Anette Klinger: Jeder könnte von jedem sehr viel lernen. An dem Tisch würden 7 aktive Unternehmer mit völlig unterschiedlichen Charakteren sitzen und 13 junge Schüler, Studenten und Berufstätige. Von meinem Großvater könnten wir Pioniergeist, Einsatz und Mut eines Gründers lernen. Von der zweiten Generation Unternehmertum und den Mut mit Fremdmanagern und Beratern das Unternehmen laufend weiter zu entwickeln- so ist auch die Transformation von Handwerksbetrieb zum Industrieunternehmen gelungen. Unsere Generation könnte die Erfahrungen aus Internationalisierung und Zukauf von Unternehmen einbringen und die 4. Generation könnte uns völlig neue Zugänge zu Kaufverhalten, Kommunikationsverhalten und Möglichkeiten der Zusammenarbeit lernen.
WU Blog: Was hat sich Ihrer Meinung nach in dieser langen Zeit – seit der Gründung 1931 – im Familienunternehmen besonders verändert?
Anette Klinger: Aus einem Handwerksbetrieb hat sich ein internationales Netzwerk von Industrieunternehmen entwickelt. Nicht verändert haben sich die grundsätzlichen Werthaltungen im Unternehmen.
WU Blog: Welchen Ratschlag geben Sie Ihren Kindern weiter und werden sie das Familienunternehmen übernehmen?
Anette Klinger: Wir haben sehr klare Nachfolgeregelungen in der Familie vereinbart. Aus jedem Stamm kann ein Gesellschafter im Unternehmen tätig sein- d.h. von 13 Mitgliedern der 4. Generation dürfen 3 im Unternehmen tätig sein. Mein Ratschlag an alle: Sorgt weiter für klare Regeln zwischen den Gesellschaftern und zwischen Gesellschaftern und dem Unternehmen und sorgt für deren Einhaltung. Ihr sitzt gemeinsam in einem Boot, Unternehmensinteressen gehen vor Einzelinteressen.
„Mein Ratschlag an alle: Sorgt weiter für klare Regeln zwischen den Gesellschaftern und zwischen Gesellschaftern und dem Unternehmen und sorgt für deren Einhaltung. Ihr sitzt gemeinsam in einem Boot, Unternehmensinteressen gehen vor Einzelinteressen.“
WU Blog: Welche Charaktereigenschaften zeichnen Sie aus?
Anette Klinger: Ich habe soziale Kompetenz, habe mir Resilienz angeeignet, bin kommunikativ, bin ausgleichend, bin mit dem Füssen am Boden und nutze meinen Hausverstand.
WU Blog: Verraten Sie uns Ihr Erfolgsrezept?
Anette Klinger: Stehen sie zu sich selbst.
Lassen sie sich von Vorbildern inspirieren und lernen sie aus deren Verhalten.
Seien sie mutig.
Bewegen sie sich regelmäßig aus ihrer Komfortzone heraus.
Erkennen sie Chancen und nutzen sie sie.
Bleiben sie neugierig.
WU Blog: Welche Kompetenzen muss man in der Studienzeit erwerben, um später erfolgreich zu sein?
Anette Klinger: Das kommt ganz darauf an, welchen Weg man einschlagen will und was man als erfolgreich definiert. Die Studienrichtungen an der WU bieten ein extrem breites Spektrum an Berufsmöglichkeiten. Es gibt neben der klassischen hierarchischen Karriere, genauso Karrieremöglichkeiten als Fachspezialist oder in der Beratung. Es hilft neben dem Studium freie Zeit für Jobs und Praktika zu nutzen, je internationaler desto besser. Auch wenn die Aufgabenstellungen nicht immer die Fachkompetenz erweitern. Man lernt den Alltag in Unternehmen kennen und erkennt die persönlichen Stärken, aber auch Schwächen und Abneigungen. Nutzen Sie die Möglichkeit sich als Person in Unternehmen zu positionieren.
WU Blog: Was möchten Sie den aktuellen WU Studierenden mit auf den Weg geben?
Anette Klinger: Schauen sie auf der Suche nach ihrem zukünftigen Arbeitgeber über die Grenzen von Wien hinaus. Familienunternehmen können sehr attraktive Arbeitgeber sein. Nutzen die die Chance, wenn ihnen Unternehmen Aufgaben im Ausland anbieten. Erfolg im Ausland kann die Karriere im Unternehmen beschleunigen.
WU Blog: Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung „WU Managerin des Jahres 2019“?
Anette Klinger: Ich bin sehr stolz auf diese Auszeichnung und nehme sie im Namen jedes einzelnen Mitarbeiters von IFN entgegen. Der Erfolg von Unternehmen entsteht durch gemeinsame Leistung.
Familienunternehmen als Auslaufmodell?
Im Anschluss an die Ehrung als „WU Managerin des Jahres 2019“ am 8. Mai 2019 findet eine Diskussion zwischen Anette Klinger und WU Forscherin Susanne Kalss statt. Wie zukunftsfähig ist das Modell Familienunternehmen? Ist es ein nachhaltiger Erfolgsbringer für die Wirtschaft oder aber ein Auslaufmodell in Zeiten zunehmender Globalisierung? Am Beispiel „ihres“ Unternehmens erörtert die Internorm-Managerin diese Fragen mit engem Praxisbezug. Verpassen Sie nicht diese spannende Diskussion im Rahmen von WU matters. WU talks.