Ein Praktikumsplatz als Chance für eine Rückkehr zur Normalität
Im Sommersemester 2017 hatten zum zweiten Mal asylberechtigte Personen die Möglichkeit, ein dreimonatiges Praktikum an der WU zu absolvieren. Die Mitarbeit an einem wissenschaftlichen Institut der WU ermöglicht PraktikantInnen wie Dirar aus Syrien, an ihre bisherige Ausbildung anzuknüpfen und in weiterer Folge schneller auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Die Zielgruppe dieser Initiative sind akademisch gebildete Geflüchtete mit einer begonnenen oder abgeschlossenen wirtschafts- oder sozialwissenschaftlichen Ausbildung. Aus knapp achtzig Bewerbungen wurden heuer insgesamt acht PraktikantInnen, davon sieben Männer und eine Frau, ausgewählt, die aus Syrien und Somalia stammten. Hauptkriterium für die Auswahl war ein mögliches ‚Matching‘ mit einem interessierten WU-Institut.
Mitarbeit bei demographischer Studie
Unter den diesjährigen PraktikantInnen war auch der 33-jährige Dirar Alshwikh Alabd. Der Jurist aus Aleppo hat vor seiner Flucht als Konzipient in einer Rechtsanwaltskanzlei gearbeitet und ist seit 2014 als anerkannter Konventionsflüchtling in Österreich. Zwischen März und Mai diesen Jahres war er am WU Forschungsinstitut für Human Capital and Development für das Projekt „Displaced Persons in Austria Survey (DiPAS)“ tätig. Für eine Folgebefragung im Rahmen einer im Herbst 2015 durchgeführten Studie unter syrischen, irakischen und afghanischen Geflüchteten war Dirar für die Durchführung von Telefoninterviews auf Arabisch zuständig. Vor den Interviews standen die Mitarbeit an der Übersetzung des Fragebogens und die technische Testung der Onlineversion.
In allen Projektschritten zeigte sich Dirar von der Arbeit begeistert: „Ich bin sehr froh, dass ich diese Chance bekommen habe. Durch die Arbeit in der Praxis habe ich gelernt, wie ich mich in einem Team integriere, wie ich meine Zeit für die geforderten Aufgaben einteile und wie ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen kommuniziere. Das Praktikum hat mein Selbstbewusstsein gestärkt und ich bin sehr stolz darauf, mich als ehemaliger Mitarbeiter der WU vorstellen zu dürfen.“ Zusätzlich zur Betreuung an den Instituten wurden Dirar und seine PraktikumskollegInnen in 14-tägigen Diskussions- und Reflexionsrunden begleitet. Als Abschluss des Praktikums fand eine gemeinsame Exkursion zur Firma Berndorf AG statt, deren Privatstiftung die Initiative ermöglicht hat.
Integrationsangebote für Geflüchtete mit akademischer Bildung
Was bleibt, ist neben vielen prägenden Erlebnissen und neuen Eindrücken aber vor allem die wertvolle Arbeitserfahrung im wissenschaftlichen Bereich. So arbeitete Dirar einen ausführlich referenzierten Report zum Thema „Integration und Partizipation am österreichischen Arbeitsmarkt aus der Sicht von Geflüchteten“ aus, welcher an NGOs, AMS und andere relevante Stakeholder verteilt wurde. Nicht zuletzt dank der unterschiedlichen Aufgaben, die er im Rahmen des WU-Praktikums absolviert hat, wurde Dirar kürzlich für den Universitätslehrgang „Dolmetschen für Gerichte und Behörden“ aufgenommen und als einer von fünf Geflüchteten europaweit für die Odysseus Network Summer School on EU Immigration and Asylum Law and Policy ausgewählt.
Praktikumsplätze wie Dirars eröffnen akademisch gebildeten Geflüchteten also wertvolle Perspektiven und unterstützen eine ihren Qualifikationen entsprechende Integration am österreichischen Arbeitsmarkt. Wenig überraschend mangelte es auch in diesem Jahr nicht an passenden BewerberInnen: So hat die bereits erwähnte DiPAS-Studie u.a. gezeigt, dass der Anteil an postsekundär gebildeten Geflüchteten aus dem Herbst 2015 bei soliden 26% liegt, was sich in etwa mit dem Anteil an entsprechend gebildeten ÖsterreicherInnen deckt. Wie man dieses Potential für alle Seiten gewinnbringend einsetzen kann, haben die WU Praktika für Geflüchtete beispielhaft bewiesen. Als Betreuerinnen, die maßgeblich vom Enthusiasmus und der Einsatzbereitschaft der diesjährigen PraktikantInnen profitierten, freuen wir uns über die Fortsetzung dieser erfolgreichen Initiative im kommenden Semester!
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