Researcher of the Month
Ab März 2016 wird auf der Website der WU jeden Monat ein „Researcher of the Month“ präsentiert und auf all unseren Medienkanälen dargestellt. Viele werden sich fragen, was der Sinn dieser Aktivität sein soll oder machen sich vielleicht kritische Gedanken dazu. Mir geht es in erster Linie einmal um Forschungskommunikation nach außen. Dabei schwebt mir als Zielgruppe weniger unsere jeweilige Scientific Community vor (dieser zeigen wir ohnehin auf den diversen Annual Meetings wie gut wir sind), sondern jener Teil der Gesellschaft, der grundsätzliches Interesse an universitärer Forschung hat. Das können Menschen aus Politik, Wirtschaft und Medien sein, SchülerInnen, Studierende, Menschen aus unserem persönlichen Umfeld, wie Familie und FreundInnen oder einfach eine interessierte Öffentlichkeit. Kurz gesagt, es geht um Menschen, die direkt oder indirekt verantworten müssen, dass man Steuergeld in unsere Forschungsstätte investiert, die das von uns generierte Wissen in ihre jeweilige Praxis übernehmen und letztlich auch jene, die uns in unserem privaten Umfeld dabei unterstützen, Forscher oder Forscherin zu sein.
Ich möchte die Vorstellung des Researchers of the Month nicht auf eine reine Darstellung toller Forschungsergebnisse oder Publikationen reduzieren. Dafür gibt es andere Kanäle. Wir wollen die Menschen zeigen, die bei uns forschen. Und wir wollen zeigen, wie sie forschen. Ja natürlich, es soll auch um Inhalte gehen. Aber um diese Inhalte so zu transportieren, dass sie auch abseits der Scientific Community verstanden werden, müssen wir zeigen, welchen Themen wir uns warum widmen und für wen die Antwort auf eine Forschungsfrage relevant ist.
Meiner persönlichen Erfahrung nach besteht in der Gesellschaft ein zumindest teilweise völlig falsches Bild von „wirtschaftswissenschaftlicher Forschung“ (die „Nicht-WirtschaftswissenschaftlerInnen“ mögen mir diese Reduktion verzeihen). Viele glauben, dass wir in der Volkswirtschaftslehre dazu da sind, möglichst gute Prognosen über die Zukunft abzugeben (was „Wirtschaftsforschungsinstitute“ ja auch tatsächlich tun) und in der Betriebswirtschaftslehre, dass wir Verhaltensregeln für UnternehmerInnen und ManagerInnen entwickeln, die direkt umgesetzt zu einem besseren Unternehmenserfolg führen (naja, manchmal versuchen wir uns ja auch in der Unternehmensberatung). Aber unsere Forschung in all ihren vielfältigen Ausprägungen und methodischen Leitlinien ist viel, viel mehr. Da geht es nicht immer um reinen „praktischen“ Nutzen oder gar industrielle Verwertbarkeit. Eine Forschungsfrage kann auch völlig fern jedes praktischen Nutzens oder direkt Verwertbarkeit und trotzdem extrem wichtig sein. Wir müssen nur erklären, warum das so ist.
Ein Nachteil der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung liegt darin, dass sie sehr schwer in Bildern zu fassen ist. In der Pharmazie und Chemie gibt es Labors und Mikroskope, in der Astronomie Teleskope und Raumfähren, in den technischen Wissenschaften jede Menge Apparate. Selbst in den Geschichtswissenschaften gibt es tolle Bilder von Ausgrabungen oder mittelalterlichen Schriften. Da können wir nur recht wenig dagegenhalten. Aber umso mehr müssen wir versuchen, „Bilder“ zu zeichnen und Geschichten zu vermitteln, wie die Forschung bei uns abläuft. Ich bin überzeugt davon, dass wir nur dann, wenn die Personen in unserer Zielgruppe Bilder vom „Wie“ unserer Forschung vor Augen haben und entsprechende „Geschichten“, an denen gleichsam als Trägermedien die Inhalte unserer Forschung haften bleiben, erfolgreich sind. Viele mathematische Fakultäten, vor allem in England aber auch die Mathematik in Wien, sind sehr gute Beispiele dafür, dass dies auch in sehr abstrakten Disziplinen gelingen kann.
Abschließend hat der Researcher of the Month aus meiner Sicht auch eine bedeutende Funktion in der Kommunikation nach innen. Wissen wir wirklich voneinander, warum, wie und was wir forschen? Wissen das unsere KollegInnen in der Verwaltung, wissen das unsere Studierenden? Meine ganz persönliche Erfahrung in den ersten fünf Monaten in der Funktion eines Vizerektors für Forschung zeigt, dass ich durch mehrere Gespräche, die ich aufgrund meiner jetzigen Funktion mit KollegInnen über deren Forschungsaktivitäten führen durfte, weit mehr über die WU gelernt habe als in all den Jahren davor. Ich bin sogar überzeugt, dass ich die privilegierteste Funktion an dieser Universität habe, weil sich mein eigener wissenschaftlicher Horizont durch die geforderte Beschäftigung mit dem Was, dem Warum und dem Wie der Forschungsarbeit meiner KollegInnen unendlich erweitern kann.
Noch eine letzte persönliche Bemerkung am Ende: Die Wahl zum Researcher of the Month ist ganz sicher eine Auszeichnung. Aber diese Wahlen und Auszeichnungen sind kein Wettbewerb oder das Ergebnis irgendeines Rankings. Es geht hier darum, über einen längeren Zeitraum hinweg spannende Geschichten erzählen und herausragende Arbeiten kommunizieren zu können. Dabei wollen wir auch unsere Breite und Vielfalt hinsichtlich des Fächerspektrums und der Diversität unserer ForscherInnen zeigen. Wir werden also sehr bewusst manche ganz, ganz tolle ForscherInnenpersönlichkeiten erst etwas später auszeichnen (wir wollen ja nicht gleich zu Beginn unser ganzes „Pulver verschießen“) und manche Bereiche aufgrund der besseren Kommunizierbarkeit oder der Fächerbalance etwas umreihen.
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