Über 4 Jahre, in denen ich mein Studium fast abgeschlossen hatte…
Gabriel Schmidinger gewinnt mit seiner Bachelorarbeit: „Pay What You Want – Implementierung im Kulturbereich“ den ersten Platz in der Kategorie Tourismuswirtschaft beim Österreichischen Tourismusforschungspreis in Bad Gleichenberg.
…Hätte man mir das vor über 4 Jahren im November 2011, als ich meine letzte Prüfung an der WU Wien absolviert habe gesagt, wäre die Zeit bis jetzt wohl weit entspannter für mich gewesen. Ich habe immer schon neben meinem Studium gearbeitet, wie sehr viele StudienkollegInnen. Zum Studienende hin 2011 ist es dann immer mehr geworden, sodass ich es gerade noch geschafft habe, die letzte Prüfung mit „Ach und Krach“ abzuschließen. Ich war glücklich, „es ist vorbei“, dachte ich mir, jetzt fehlt nur noch die Bachelorarbeit… Zu diesem Zeitpunkt arbeitete ich bereits für zwei Firmen gleichzeitig, diese teilten mich mehr und mehr ein, sodass die Bachelorarbeit, die ich damals in meinen Gedanken „als noch lästige Formalität, die halt noch fehlt“ abgetan hatte, in immer weitere Ferne rückte. Ich hatte bereits ein Thema, bin aber nicht dazu gekommen etwas Vernünftiges darüber zu schreiben. Zu diesem Zeitpunkt war ich voll in das Berufsleben eingestiegen und arbeitete um die 80h/Woche. Ich hatte keinen Nerv, keine Kraft, keine Freude mich der, wie ich damals schnell herausfand, doch sehr kräfteraubenden Bachelorarbeit zu stellen. So vergingen über 4 Jahre, in denen ich mein Studium fast abgeschlossen hatte, zwar erfolgreich in der Arbeitswelt war, aber in meinen Gedanken doch immer sehr unglücklich, da ich das Studium nicht ordentlich abgeschlossen hatte. Anfangs war ich sicher: „Ich schreibe die Arbeit noch, keine Frage. Ich warte nur auf eine günstige zeitliche Gelegenheit.“- aber diese kam nicht und so verließ mich immer mehr der Mut. Ich fing richtig an zu zweifeln, ob ich mein Studium tatsächlich noch abschließen werde, obwohl ich alle Prüfungen gemeistert hatte und mir nur die Bachelorarbeit fehlte. Es brauchte bis Herbst 2015 als mich ein Schreiben des Rektorats aus meiner Lethargie und meinem Selbstmitleid riss, mein Studienplan würde mit Februar 2016 eingestellt werden, hieß es da. Ich wusste sofort, jetzt oder nie. Ich entschied mich sofort Urlaub zu nehmen, um das Studium endlich abschließen zu können. Ich kann mich jetzt noch erinnern wie nervös ich war, wie ich mich um ein Thema für die Bachelorarbeit umgesehen hatte. Ich hatte solche Angst davor in der kurzen Zeit keine Betreuerin zu finden, dass ich fast hyperventiliert habe, immerhin hatte ich nur noch drei Monate Zeit und war über vier Jahre aus dem System WU ausgeschieden. Gott sei Dank hatte ich wahnsinnig großes Glück, ich fand am Department für Marketing mit dem Thema „Pay What You Want“ sehr schnell ein noch freies Thema, das mich sehr interessierte, das aktuell und gesellschaftsrelevant ist und was das erfreulichste war, mit Frau Dr. Kastner eine wirklich ausgezeichnete Betreuerin beinhaltete. Da ich mich nicht ganz aus meinem Beruf zurückziehen konnte, musste ich oft in der Nacht schreiben sowie forschen und man glaubt es nicht, ich habe nicht selten auch um 1 Uhr Früh eine Antwort von meiner Betreuerin bekommen – zu brennenden Richtungsentscheidungen und Literaturfragen. Das sind so Dinge, die ich nie vergessen und ewig schätzen werde. Ende Dezember hatte ich es dann endlich geschafft, Frau Kastner motivierte mich bis zu diesem Zeitpunkt immer wieder, weit über das Nötige hinaus zu arbeiten und so kam eine Abschlussarbeit zustande, auf die ich heute richtig stolz sein kann und bin. So stolz, dass ich es nun doch noch als glückliche Fügung betrachte, dass ich nicht schon vor vier Jahren eilig und gehetzt abgeschlossen habe, wobei ich das trotzdem wahrlich niemandem empfehlen möchte.
Umso schöner war es dann für mich, als ich erfahren hatte, dass meine Arbeit auch für den Tourissimus, den österreichischen Tourismusforschungspreis, nominiert worden ist. Etwas bleich wurde ich allerdings, als ich kurz vor der Veranstaltung gelesen habe, dass ich mich am diesjährigen Austragungsort, Bad Gleichenberg, einer Expertenjury in drei Hearings inklusive PowerPoint Präsentation und einem eigenen gedruckten A1 Plakat stellen werden müsse. Ich wusste, das kann ich grundsätzlich, ohne Zeit zur Vorbereitung wird es aber schwer und ich hatte große Angst meine Universität, die WU, und insbesondere natürlich auch meine Betreuerin „zu blamieren“. Trotzdem kam es durch meine Berufstätigkeit dazu, dass der Abend vor der Anreise nach Bad Gleichenberg gekommen war und ich weder meine Präsentation geschrieben, noch das Kongressplakat fertiggestellt hatte. Mit vielen Sorgenfalten auf der Stirn machte ich mich dennoch an die Arbeit. Mir kam kurz der Gedanke mich krank zu melden, aber das erschien mir dann doch mehr als nur peinlich und ich wusste: „durchbeißen, durchbeißen, durchbeißen“ und „blamier nur ja nicht die WU“.
Nach einer Stunde Schlaf fuhr ich schließlich mit dem Taxi zum Bahnhof um mit dem Zug nach Graz zu fahren, wo ein offizieller Shuttle zur FH Johanneum nach Bad Gleichenberg weiterfuhr. Nicht das erste Mal, aber doch zumindest das erste Mal in jüngster Vergangenheit gab mir mein Körper zu spüren, dass ich es übertrieben hatte, nachdem ich den Zug nach Graz noch knapp erreichte, wurde mir schwarz, richtig schwarz, alles drehte sich und eine Armee von Hämmern spielte den Radetzkymarsch in meinem Kopf. Gott sei Dank beruhigte sich die Situation nach einer Stunde und ich konnte die Fahrt schlussendlich entsprechend beenden. In Graz musste ich noch schnell zu einer Kopieranstalt laufen um mein Plakat drucken zu lassen ehe ich im Shuttle die letzten Änderungen an meiner Präsentation vorgenommen hatte. Das war vielleicht eine lustige Fahrt: der Bus war bereits voller TeilnehmerInnen anderer Universitäten sowie FHs und alle waren sehr amüsiert, dass ich noch nicht einmal meine Präsentation ganz fertig hatte. Schlussendlich sagte der Busfahrer im besten Dialekt „Gööö, jetzt heißt‘s fertig werden, wir san glei do. A extra Runde fohr i net“ – schallendes Gelächter… aber hey, ich war fertig, auf die Minute genau.
In Bad Gleichenberg angekommen war ich sehr überrascht, die Veranstaltung war weit größer und eindrucksvoller als ich es mir vorgestellt hatte. Neben all den topmotivierten und umfassend vorbereiteten MitbewerberInnen, die aus ganz Österreich angereist waren, gab es auch eine wirklich namhafte Expertenjury aus 23 Juroren. Es folgten vier Stunden mit Präsentationen und bangem Warten auf die Preisverleihung. Als dann mein Name und der erste Platz aufgerufen wurden, war es ein unbeschreibliches Gefühl und ich wusste einfach, es hat sich alles gelohnt, wirklich alles. 1500€ Preisgeld, von dem ich vorher nicht einmal gewusst hatte, waren eine wunderbare Überraschung, am meisten Freude hat mir gemacht, dass die WU und meine Betreuerin, die immer an mich geglaubt hat, sehr stolz auf mich sein können, das war wirklich schön. Deshalb merke, effektives Zeitmanagement ist alles und wenn das einmal nicht funktioniert, verlier nicht den Mut und schmeiß nicht die Nerven! Wenn Du etwas wirklich willst, wirst Du es auch gut schaffen. Ein Funke Glück gehört aber natürlich immer dazu. 😉
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