Wahrgenommener Wert von Produkten ist mehrdimensional
Was verbindest du mit deinem Smartphone? Welchen Wert liefert dir deine neue Second-Hand-Jacke? Welche Rolle spielt für dich die Funktionalität von Produkten? Wir könnten diese gedankliche Reise nun beliebig weiterspinnen, eine Sache haben diese Fragen jedoch gemeinsam: wenn es um wahrgenommenen Produktnutzen geht, spielen sowohl kognitive als auch emotionale Kriterien eine wichtige Rolle.
Wert als Schlagwort im Konsum
Bleiben wir gleich beim ersten genannten Beispiel, unser Smartphone. Was bedeutet hier „Wert“ überhaupt für uns Konsument*innen? Unser Smartphone bietet uns einerseits Funktionalität und ein gewisses Preis-Leistungsverhältnis. Andererseits ist unser Smartphone-Konsum aber auch sehr emotional, es macht uns Spaß, wir verbringen damit unsere Freizeit. Auch soziale Komponenten spielen eine wichtige Rolle, für manche Konsument*innen ist es cool, immer die neueste Generation zu haben, Infos dazu werden mit Freund*innen ausgetauscht, es werden Accessoires fürs Smartphone besorgt, es ist einfach ständig mit dabei, es ist uns manchmal näher als alles andere in unserem Leben. Auch ästhetische Aspekte, d.h. ein ansprechendes Design, gefällt uns, vielleicht spielen auch Nachhaltigkeitsaspekte in die Konsumentscheidung mit hinein. Alles in allem, unser Smartphone schafft uns wahrgenommenen Wert bzw. Nutzen, in der Literatur auch „Perceived Customer Value“ genannt. Und das nicht nur eindimensional, sondern oftmals auf vielen verschiedenen Ebenen gleichzeitig.
30 Jahre Forschung zeigen Relevanz
Heute blicken wir bereits auf mehr als 30 Jahre Forschung zum Thema “Perceived Customer Value” zurück. Publikationen erklären uns, wie das Konstrukt definiert ist, wie es gemessen werden kann, welche Weiterentwicklungen es gibt und vor allem, warum es im Marketing so interessant ist: der mehrdimensionale wahrgenommene Wert eines Produktes kann zentralen Einfluss auf andere konsumrelevante Phänomene haben, z.B. auf die Zufriedenheit mit dem Produkt, die Loyalität der Marke oder dem Unternehmen gegenüber sowie auf das Weiterempfehlungsverhalten. Vor diesem Hintergrund ist das Wissen, welche Werte Konsument*innen tatsächlich mit den Produkten verbinden, für das Marketing von Unternehmen bedeutend. Der Anwendungsbereich ist vielfältig: Es hilft z.B. zur Segmentierung, gibt neue Ideen für Positionierung oder auch Kommunikation. Neuere Forschung zeigt auch einen Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten. Wird z.B. das Produkt als „grüner“ wahrgenommen, kann es auch den wahrgenommenen Wert in anderen Bereichen, wie der Funktionalität oder der Freude es zu nutzen, erhöhen.
Auch aus Konsument*innenperspektive ist es spannend, das eigene Konsumverhalten einmal mit der „Perceived Value“-Brille zu betrachten. Was ist mir bei einem bestimmten Produkt besonders wichtig? Kaufe ich es aus rationalen Gründen oder ist es vielmehr eine emotionale Entscheidung? Welche Wertdimensionen erwarte ich mir von dem Produkt? Dieser Denkrahmen ermöglicht Konsument*innen auch ein reflektiertes Konsumverhalten.
Insgesamt liegt im Thema viel Potential, sowohl aus unternehmerischer Perspektive, als auch für Konsument*innen und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Im Vergleich zu anderen Themen, blickt die Forschung bereits auf Jahrzehnte zurück, die Relevanz des Themas ist aber hoch aktuell. Welche Wertdimensionen erwarten wir uns in Zukunft von Produkten? Wir werden auf jeden Fall dazu weiter forschen.
Erfahre mehr!
Für interessierte Leser*innen empfiehlt sich folgender Artikel, den ich gemeinsam mit Valarie A. Zeithaml, Katrien Verleye, Isabella Hatak, und Alexander Zauner im Jahr 2020 publiziert habe: „Three Decades of Customer Value Research: Paradigmatic Roots and Future Research Avenues, Journal of Service Research 23 (4), 409-432 https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/1094670520948134
Der Artikel wurde mit dem Best Paper Award des Journal of Service Research ausgezeichnet und war Finalist für den SERVSIG Best Service Article Award 2021 https://www.servsig.org/wordpress/awards/servsigs-best-services-article-award/ der American Marketing Association. Er gehört zu den am meisten zitierten Werken, die in den letzten drei Jahren im Journal of Service Research erschienen sind.