Hall of Femmes: Silvia Angelo
„Selbstbewusstsein ist gefragt, genauso wie die bewusste Suche nach anderen Frauen, mit denen frau eine peer group bildet.“
Bitte geben Sie ein paar biographische Eckdaten bekannt: welche Ausbildung haben Sie absolviert, was sind die wichtigsten Eckdaten ihrer beruflichen Entwicklung und welche Position haben Sie jetzt inne?
Ich habe meine Matura 1987 in einem sehr fortschrittlich und bewusst frauenfördernden Gymnasium, der Rahlgasse im 6. Bezirk in Wien im neusprachlichen Zweig absolviert. Eigentlich wollte ich Betriebswirtin werden, allerdings hat mich der rein auf Gewinninteressen orientierte Zugang abgeschreckt und ich bin dann an die Universität Wien gewechselt, um mich volkswirtschaftlichen Fragen zu widmen. Den zweiten Studienabschnitt habe ich dann doch wieder an der Wirtschaftsuniversität Wien absolviert, da diese in allgemein ökonomischen Themen einen breiteren/diverseren Zugang hatte. Nach dem Studium habe ich 5 Jahre im Sozialministerium vor allem zu europapolitischen Themen gearbeitet, war dann einige Zeit im ÖGB Büro in Brüssel und bin dann 2002 an die Arbeiterkammer gekommen. Von 2006 bis 2008 erfolgte ein kurzer Abstecher in die Politik, ich war im SPÖ-Parlamentsklub für wirtschaftspolitische und budgetpolitische Themen zuständig, bevor ich in die Arbeiterkammer zurückgekehrt bin, um die Abteilung Wirtschaftspolitik zu übernehmen.
Was hat Sie dazu bewogen, diesen beruflichen Weg zu realisieren? Gab es einen Menschen oder ein Erlebnis, der oder das Sie inspiriert hat, diesen Weg einzuschlagen?
Mein Elternhaus war sicher maßgeblich für meinen Karriereweg entscheidend; meine Eltern haben selbst kein Studium absolviert, sich das aber immer für mich gewünscht. Meine Mutter musste ab meinem 15. Lebensjahr alleine für mich sorgen und hat trotz finanzieller Schwierigkeiten immer an der Idee einer besseren Ausbildung für mich festgehalten. Nach dem Studium war klar, dass ich in Institutionen arbeiten wollte, die sich ArbeitnehmerInnen-Interessen verpflichtet fühlen. Verteilungsfragen und die Wichtigkeit des funktionierenden Sozialstaates waren immer im Fokus meines beruflichen Werdegangs. Auch in meinen jetzigen Funktionen.
Was sind Ihre aktuellen Arbeitsschwerpunkte?
Energiepolitik, Technologie- und Forschungspolitik, Gesellschaftsrecht, Industriepolitik – immer unter einer ArbeitnehmerInnenperspektive.
Wenn Sie Ihren beruflichen Werdegang betrachten – was waren Ihre persönlichen Erfolgsfaktoren?
Ich habe im volkswirtschaftlichen Spektrum das Metier ziemlich häufig gewechselt – von der internationalen Arbeitsmarkt, zur EU-Wirtschaftspolitik, zur nationalen Budget- und Finanzpolitik, hin zur nationalen Wirtschaftspolitik. Einfach was inhaltlich Neues annehmen, sich aber in der Wertehaltung dabei treu bleiben.
Was motiviert Sie besonders in Ihrer Arbeit?
Ich bin mit Freude und aus tiefer Überzeugung ArbeitnehmerInnenvertreterin. Meine Arbeit ist das, womit ich mich persönlich in einem extrem hohen Ausmaß identifiziere.
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in einem von Männern dominierten Berufsfeld gemacht? Welche Strategie haben Sie angewandt, um mit dieser speziellen Situation zurecht zu kommen?
Energiepolitik, Technologiepolitik, all das ist männerdominiert, das ist so. Selbstbewusstsein ist gefragt, genauso wie die bewusste Suche nach anderen Frauen, mit denen frau eine peer group bildet. Ich habe vor kurzem in einem Interview Brigitte Ederers Mantra für herausfordernde Situationen gelesen: „Du bist die Frau Wichtig und machst alles richtig!“ – Hilft wirklich enorm, wenn ich wieder die Einzige mit XX-Chromosomen im Raum bin!
Was war Ihr persönliches Highlight in Ihrer Karriere bisher?
Ein gewagtes Experiment für mich persönlich war, dass ich mit meinem zweiten, damals fünf Monate alten Sohn, Job gewechselt habe – und ich bin noch immer allen in meinem engen Umfeld dankbar, dass sie mich dabei unterstützt haben!
Auf welche Barrieren sind Sie im Verlauf Ihres Berufslebens gestoßen?
Auf Männer, die nicht loslassen können – ihren Job, ihre Wichtigkeit ….
Was tun Sie gerne, wenn Sie nicht arbeiten?
Ich bin einerseits gerne mit meiner Familie zusammen, andererseits tue ich auch gerne was für mich alleine, vor allem mit Sport.
Was erachten Sie als sinnvoll, um an Hochschulen die Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit weiter zu fördern?
Spezielle Stipendien, Frauenförderpläne, mehr Unterstützung für nicht-traditionelle Bereiche. Was die WU betrifft, so bin ich überzeugt, dass die neue Rektorin hier noch weitere Möglichkeiten der Frauenförderung findet. Wobei ich die WU bereits jetzt als vorbildhaft empfinde.
Welche Empfehlungen möchten Sie gerne an junge Frauen, die am Beginn ihres Berufslebens in der Wissenschaft oder in der Wirtschaft stehen, weitergeben?
Zu allen Karrierechancen, Vorträgen, öffentlichen Auftritten etc. ja sagen, präsent sein, alles ausprobieren, was zur persönlichen Wertehaltung passt.
#HallofFemmes #Gleichstellung #WU
Mit dem Projekt „Hall of Femmes“ soll die Sichtbarkeit von Frauen an der WU und mit Bezug zur WU erhöht und andere Frauen gestärkt werden, indem es Vorbilder schafft. In kurzen Interviews schildern die befragten Frauen ihre Karrierewege, berichten über entscheidende Erfolgsfaktoren für ihre berufliche Entwicklung und geben persönliche Karriereempfehlungen. Die Interviews werden in einer mehrwöchigen Reihe im WU-Blog veröffentlicht.