PartnerIn, Bildung, Vermögen
Verheiratete, LebensgefährtInnen und andere PartnerInnen sind sich oft ähnlich in Bezug auf Bildung, Einkommen und familiärem Hintergrund. Doch was hat das mit der gemessenen Vermögensungleichheit zu tun? Die Forschung zur Vermögensungleichheit in Europa und mittlerweile auch in Österreich wächst beständig. Das belegt etwa auch die Arbeit der ForscherInnen am Institut für Economics of Inequality hier an der WU. Trotzdem ist die Frage wie die so genannte „Homogamie“ mit der Vermögensverteilung zusammenhängt bisher weitgehend unerforscht. In einem Team bestehend aus zwei jungen Forscherinnen (darunter eine WU Bachelor Studierende des Departments Volkswirtschaftslehre) und mir analysierten wir die Literatur und die bislang einzigen österreichischen disaggregierten Vermögensdaten (Household Finance and Consumption Survey) im Hinblick auf diese Frage. Mit Hilfe einer Drittmittelfinanzierung erstellten wir einen Bericht zu „Bildungshomogamie und Vermögensverteilung in Österreich“, der Ende 2015 in „Wirtschaft und Gesellschaft“ veröffentlicht wurde. Der Bericht ist einfach verfasst, denn unser Ziel war es, wissenschaftliche Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Es gab mehrere Faktoren, die uns zu unseren Forschungsfragen führten: Obwohl die Forschung in anderen Ländern zeigt, dass größere Homogamie mit mehr gemessener Ungleichheit einhergeht, gab es bisher keine Ergebnisse für Österreich. Weiter fragten wir uns, inwieweit Bildungshomogamie in Österreich auftritt, und wie sie zustande kommt. Was sind die sozialen und ökonomischen Prozesse in unserer Gesellschaft, die es wahrscheinlich machen, dass Menschen jemanden heiraten, die/der ähnliche sozioökonomische Charakteristika aufweist? In einem weiteren Schritt verknüpften wir diese Konzepte mit dem, was wir über den Prozess des Vermögensaufbaus wissen, um die Beziehung zwischen Bildungshomogamie und Vermögensungleichheit zu charakterisieren, und unsere Hypothesen mit den österreichischen Vermögensdaten zu testen.
Die Theorie sagt uns: Menschen werden in eine bestimmte Familie hineingeboren, was den weiteren Verlauf ihres Lebens stark beeinflusst. Manche Kinder profitieren von dem sozialen sowie finanziellen Kapital ihrer Eltern, andere jedoch wachsen in einem Umfeld auf, das ihnen weniger Vorteile und Chancen auf eine gute Entwicklung gibt. Diese Vor- bzw. Nachteile werden von Generation zu Generation weitergegeben und das führt dazu, dass sich Klassenstrukturen verfestigen und es zu wenig sozialer Mobilität kommt. Zusätzlich wird dieser Effekt durch soziale Segregation verstärkt, da Familien mit ähnlichen Charakteristika oft in der gleichen Umgebung wohnen und ihre Kinder an dieselben Schulen schicken. Der Zugang zu einem bestimmten sozialen Umfeld hängt demnach stark davon ab, wie viel finanzielles, kulturelles und soziales Kapital eine Person von ihren Eltern und ihrer damit verbundenen Umgebung mit auf den Lebensweg bekommt. Der familiäre Hintergrund spielt nicht nur bei der Wahl des Bildungswegs, sowie dem Zugang zu Netzwerken eine große Rolle, sondern grenzt durch örtliche und kulturelle Segregation auch den Pool an potentiellen PartnerInnen ein – was die Wahrscheinlichkeit für mehr homogame Paare erhöht. Je höher der Anteil bildungshomogamer Paare in einer Gesellschaft, desto weiter driften arme und reiche Haushalte auseinander. Diese Dynamik kommt dadurch zustande, dass beispielsweise Haushalte, die aus zwei hochgebildeten Partnern bestehen, höhere Einkommens- und Vermögenspotenziale haben, als Haushalte aus niedrigeren Bildungsschichten.
Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass in rund 70% der Paarhaushalte in Österreich Personen mit einem Partner/einer Partnerin mit dem gleichen Bildungsniveau leben. Diese Paarbildungsstrukturen haben Vorteile für Paare mit hoher Bildung, da sich ihre vorhandenen Ressourcen durch einen besseren Zugang zu Informationen und Netzwerken erweitern. Auf der anderen Seite verharren Paare, in denen beide PartnerInnen ein niedriges Bildungsniveau haben, in ihrer ökonomisch benachteiligten Position. Laut Forschungsergebnissen halten homogame Paare mit Universitätsabschluss höhere Anteile an Finanz- und Sachvermögen als Paare aus den unteren Bildungsschichten. Hierbei sind die Kategorien „Hauptwohnsitz“, „Unternehmensbesitz“ und „Wertpapiere“ hervorzuheben, da bei der Akkumulation von diesen Vermögenswerten der Zugang zu Netzwerken und der Austausch mit dem Partner/der Partnerin über die Investitionsentscheidung besonders wichtig ist. Eine weitere Dynamik, die dazu führt, dass die Vermögensschere auseinander geht, ist die Ungleichverteilung von Erbschaften. Die Studie zeigt, dass ein größerer Anteil der Paarhaushalte mit hohem Bildungsniveau Vermögen aus Erbschaften besitzt als andere Paarhaushalte.
Bildungshomogamie an sich ist nichts Schlechtes. Es ist in Österreich, wie auch in vielen anderen Ländern, ein Effekt des steigenden Bildungsniveaus der Frauen – was natürlich ein positives Phänomen ist. Der Grund, warum es aber zu mehr Vermögensungleichheit kommt, ist folgender: Nicht jede Frau in der Gesellschaft hat die gleichen Chancen auf die Universität zu gehen. Es sind in erster Linie Frauen aus relativ hoch gebildeten und wohlhabenden Elternhäusern, die studieren – eine sich selbst reproduzierende Tatsache, die die Ungleichheit über Generationen hinweg weiter vertieft. Es macht daher Sinn, nicht Bildungshomogamie an sich für die Vermögensungleichheit verantwortlich zu machen, sondern den ungleichen Zugang zu Ressourcen. Potenzielle Maßnahmen, wie etwa das Limitieren der sozialen Segregation durch die Erweiterung des sozialen Wohnbaus, oder das Einführen von Erbschaftssteuern (wie die OECD vorschlägt), sind ein Weg, um dem Prozess, der von selektiver PartnerInnenwahl zu Vermögensungleichheit führt, entgegenzuwirken.
#Bildung #Vermögen #Homogamie #PartnerInnenwahl #Studie
[bs_button size=“md“ type=“link“ value=“Bildungshomogamie und Vermögensverteilung in Österreich“ href=“http://epub.wu.ac.at/4853/“]
Wenn auch Erbschaftssteuern aus makroökonomischer Perspektive eine "potentielle Maßnahme" zum Entgegenwirken sein mögen, so ist diese rational abwegig. Erstens hebt sich dadurch die Ungleichverteilung nicht auf, zweitens ist es nicht schlüssig, weshalb man noch höhere Erbschaftssteuern an den Staat abführen sollte und drittens werden zahlreiche Erblasser der Besteuerung rechtzeitig durch anderweitige Maßnahmen entgegenwirken.
Beinahe unabhängig von ihren Ergebnissen fordern die "Forscher" am Institut für Economics of Inequality höhere Steuern und mehr staatliche Interventionen. Da scheint Propaganda eine sehr wichtige Rolle zu spielen. Zum Beispiel zeigen Fessler und Schürz (2015) (https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpwps/ecbwp1847.en.pdf) dass höhere staatliche Sozialausgaben die Ungleichheit erhöhen. Staatliche Transfers dienen als Vermögens-Substitut. In einem gut ausgebauten Sozialstaat haben vor allem sozial Schwache keinen Anreiz und auch keine Notwendigkeit Vermögen aufzubauen. Die von der Autorin vorgeschlagenen Maßnahmen wie Ausbau des sozialen Wohnbaus oder höhere Steuern dürfte daher genau den gegenteiligen Effekt haben und die Ungleichheit weiter erhöhen. Bis jetzt fehlen den Ungleichheitsforschern auch überzeugende Argumente warum Vermögensungleichheit überhaupt problematisch sein sollte – die meisten Menschen benötigen kein Vermögen für ein Leben in Wohlstand.
Im Grunde ein interessantes Forschungsgebiet, jedoch sind die Autoren in ihrer Analyse zu weit gegangen und haben dadurch den Beitrag entwertet. Sie sollten es bei der theoretischen Fragestellung sowie dem Abtesten ihrer Hypothese belassen. Als Folgefrage könnte noch der ungleiche Zugang zu Ressourcen vertieft werden, so wie dies lapidar angeführt wird. Das Fabulieren über sozialen Wohnbau und Erbschaftssteuern ist unwissenschaftlich und hinterlässt einen – siehe vorangehenden Kommentar – tendenziösen Eindruck der die geleistete Arbeit entwertet.