„Marina, you are brilliant!“
Auf der einen Seite die modische Eleganz der französischen, stets bestens gekleideten Mutter, auf der anderen Seite das wirtschaftliche Verständnis des Vaters, Vorstandsvorsitzender eines Konzerns. Das Elternhaus dürfte Marina Hoermanseder geprägt haben. Die 29-jährige Wienerin mit Studienabschlüssen in Betriebswirtschaftslehre und Modedesign gilt als kommender Star der internationalen Fashionszene – und reüssiert dabei als Künstlerin und Geschäftsfrau.
Die Popdiven Lady Gaga und Rihanna zählen zu ihren Kunden, Preise wie jüngst der Modepreis der Stadt Wien prasseln auf sie nieder, sie zeigt ihre Kollektionen in Paris, London, Dubai, New York oder Berlin, wo sie im Juli dieses Jahres zum Anlass der Fashion Week groß gefeiert wurde. Keine Frage, die Wienerin Marina Hoermanseder mit Arbeitswohnsitz Berlin ist der hell leuchtende Shootingstar am internationalen Modehimmel.
Meisterin mit knappen Ressourcen
Dabei begann alles vor Kurzem richtig beschaulich. Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass die im November 2013 frisch gebackene Absolventin der Berliner Modeschule Esmod ihr eigenes Modelabel gründete – und ihre Arbeit noch auf dem Küchenboden ihrer Wohnung in der deutschen Bundeshauptstadt erledigte. Die Schulabschlusskollektion war so gut angekommen, dass sie ihre Entwürfe während der Berliner Mercedes Benz Fashion Week zeigen durfte. Und dafür musste erst einmal kräftig in die Hände gespuckt werden. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser, ziemlich ohne finanzielle Mittel. Ich hatte kein Atelier und keine MitarbeiterInnen. Dafür aber jede Menge Energie und einige FreundInnen, die an mich geglaubt und mit mir in der Küche die Nächte zum Tag gemacht haben.“ Ein Anfang, wie er später gerne erzählt wird, ganz nach dem Leitsatz ihres Vaters: „Der Meister brilliert in der Knappheit der Ressourcen.“
56 schlaflose Stunden
Fleißig sein, niemals aufgeben, sich selbst als Person zurückstellen und ein paar Jahre lang „reinhauen“ – das waren die Vorsätze, die Hoermanseder bei der Gründung ihrer Modemarke gefasst hat. Wie hart der Arbeitsalltag als Modedesignerin sein kann, hatte sie davor schon im Rahmen eines Studienpraktikums im Modehaus des Stardesigners Alexander McQueen erfahren. „Fünf unglaublich intensive Monate mit 18-Stunden-Tagen als Norm. Bei der Vorbereitung für eine Prêt-à-porter-Modeschau habe ich dann meinen persönlichen Rekord aufgestellt: 56 schlaflose Arbeitsstunden nonstop.“ Als Lohn gab es dafür eine „Auszeichnung“, keine offizielle, aber eine umso wertvollere. „Nach der Show hat Sarah Burton zu mir gesagt: ,Marina, you are brilliant.‘ Das werde ich nie vergessen.“ Ein Lob von berufenem Munde. Schließlich wurde Burton, die nach dem Tod von McQueen dessen Platz im berühmten Modehaus als Kreativdirektorin eingenommen hat, für ihre Verdienste um die britische Modeindustrie 2012 in den britischen Ritterorden aufgenommen.
Karriereturbo Lady Gaga
Dass es mit harter Arbeit allein nicht getan ist und einem auch das Glück im richtigen Moment zur Seite stehen sollte, weiß Hoermanseder spätestens seit jenem Moment im Juli 2013, als bei ihr eine Bestellung von Brandon Maxwell einging. Der Stylist des weltweit gehypten Popstars Lady Gaga war auf die Diplomkollektion der Wienerin aufmerksam geworden. Hoermanseder wurde von einem Moment auf den anderen in die Presse katapultiert. „So ein berühmter Name sorgt für einen Dominoeffekt auf allen Ebenen. Das hat mir natürlich unglaublich geholfen.“ Einen verrückten Zufall könnte man es nennen. Da passt es für die Tochter einer „stets modebewussten“ Französin wie die Faust auf’s Auge, dass in französischer Umgangssprache „gaga“ „verrückt“ bedeutet. Den medialen Platz an der Sonne hat Hoermanseder dank ihrer überzeugenden Folgearbeiten übrigens seitdem nicht mehr verlassen. Und es sind nicht nur die einschlägigen Modezeitschriften, die sie in den Himmel loben. „Über Marina Hoermanseder kann man spätestens jetzt sagen, dass sie die spannendste Designerin ist, die Berlin hat“, schrieb kürzlich die „Frankfurter Allgemeine“. „Die Fashion-Week-Gewinnerin heißt Marina Hoermanseder“ war ein Artikel in der „Welt“ nach der Berliner Modewoche 2015 betitelt. Und auch der Spiegel Online brachte vor einigen Monaten ein Porträt der Designerin.
„Ich solle etwas Vernünftiges machen, bevor ich mich der Mode widme. Das war wohl ein guter Ratschlag.“
Start an der WU
Wer im schwierigen Modebusiness langfristig überleben will, muss freilich mehr mitbringen als nur schöpferische Inspiration. Der finanzielle Einsatz ist groß, das Risiko, als Sternchen nach kurzer Zeit wieder zu verglühen, ebenso. „Ich bin nicht nur Künstlerin, ich versuche auch, Geschäftsfrau zu sein. Schließlich will ich schwarze Zahlen schreiben“, sagt Hoermanseder, die den Business-Plan für ihr Mode-Start-up selbst konzipiert und Umsatzzahlen ganz gerne im Kopf hat. Die Basis für ihr Know-how legte ein Wirtschaftsstudium an der WU, auf Empfehlung ihres Vaters: „Ich solle etwas Vernünftiges machen, bevor ich mich der Mode widme. Das war wohl ein guter Ratschlag.“
- Geboren 1986 in Wien, aktuell wohnhaft in Berlin
- Studium IBWL an der WU, 2010 Abschluss mit einer Diplomarbeit: „Der japanische Ansatz des wissensbasierten Managements und seine Einbettung in die Wirtschaftsgeschichte und die Kultur Japans“
- 2010-2013: Studium Modedesign an der Modeschule Esmod in Berlin, u.a. mit Praktikum beim Modeunternehmen von Stardesigner Alexander McQueen
- 2013: Gründung des eigenen Modelabels
- Auszeichnungen: u.a. Premium Young Fashion Award und Modepreis der Stadt Wien oder Austrian Fashion Awards
#Karriere #arbeiten #Modedesign